Exzellent: Rastertunnelmikroskop vor Ultrahochvakuumkammer im Physikalischen Institut, Foto: Daniel Grünfeld

»Einstein hätte heute keine Chance mehr«

Patrick Schnepper, Politikreferent beim AStA der Universität Köln, erklärt zum Semesterbeginn, warum er nichts von der Exzellenz-Initiative hält

Herzlichen Glückwunsch, Herr Schnepper, Sie sind ab sofort Student einer echten Exzellenz-Universität. Darf man gratulieren? Ich glaube, man kann den Kölner Studierenden zu einer gewissen Reputation gratulieren, die durch die Exzellenz-Initiative mitentsteht. Man hat das bei der RWTH Aachen gesehen. Die Lehre dort hat sich nicht verbessert, aber die Inge-nieure aus Aachen werden immer stärker nachgefragt. Das könnte eventuell auch auf Köln zutreffen.


Trotzdem klingt bei Ihnen eine gehörige Portion Skepsis an. Natürlich werden die Biologen und Mediziner, die einen Exzellenzcluster bewilligt bekommen haben, profitieren. Wenn man da als Doktorand rausgeht, hat man andere Möglichkeiten gehabt, allein in Bezug auf Großgeräte. Aber der Normalstudi hat von dieser Forschung erst mal nichts. Die neuen Professuren und Mitarbeiterstellen sind ja nur für die Forschung. Eine Lehrverpflichtung gibt es nicht. Vielleicht werden neue Professoren sich aus good will bei den Lehrveranstaltungen einbringen und damit ein wenig die schlechte Betreuungssituation verbessern. Aber der große Wurf ist nicht zu erwarten. Wir hatten ja vorher schon zwei Exzellenzcluster in Köln, aber auch die hat man nicht bemerkt. Außer an neuen Tür­schildern und Visitenkarten.


Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter und sagen, die Exzellenzinitiative habe negative Auswirkungen. Warum? Alleine durch die Vorbereitung auf den Exzellenz-Antrag wurde sehr viel Personal gebunden, das sonst für die Lehre und die normale Forschung bereit gestanden hätte. Zudem: Diese Anträge zu stellen kostet Geld, und das Geld kommt aus dem normalen Haushalt. Andere Anschaffungen mussten erst mal auf Eis gelegt werden. Und auch für die Forschung sind die Folgen nicht unbedingt positiv: Die Professoren konzentrieren sich auf Forschungsfelder, in denen es einfacher ist, an Drittmittel zu gelangen. Felder, die im Mainstream liegen und in denen man schnell publizieren kann. Das wirkt dann innovationshemmend. Heutzutage hätte Einstein keine Chance mehr, einen Nobelpreis zu gewinnen, weil er schlichtweg zu lange gebraucht hätte.


Was bedeutet die Initiative für andere, kleinere Universitäten und Fachhochschulen? Konsequent weitergedacht gibt es demnächst einige wenige Spitzenhochschulen, ein wenig Mittelmaß und einen ganz großen schlechten Teil. Hochschulen werden zu reinen Ausbildungshochschulen. So wie früher die Lehramtshochschulen. Die Einheit von Forschung und Lehre ist da gefährdet.


Untersuchungen des Darmstädter Soziologen Michael Hartmann zufolge erhalten Unis mit Exzellenz-Status mehr Drittmittel. Die Drittmittel wiederum spielen eine Rolle bei der Verteilung des Hochschulbudgets. Heißt das, wer viele Drittmittel einwirbt, bekommt auch mehr Landesmittel? Genau. Es gibt ja die leistungsorientierte Mittelvergabe, die macht einen bestimmten Prozentsatz des Hochschulhaushaltes aus, der vom Land zugewiesen wird. Da spielen Drittmitteleinwerbungen die größte Rolle. Da wird jetzt noch mehr in Köln ankommen. Und da der Topf im Landeshaushalt nicht wächst, wird anderswo weniger ankommen. Die Hochschulen, die einmal abgerutscht sind, werden es extrem schwer haben, wieder an die Spitze zu kommen. Ein Teufelskreis.

 

2017 ist Schluss mit der Exzellenzinitiative. Was passiert dann? Müssen am Ende Gelder an anderen Fakultäten eingespart werden, um die Exzellenz-Cluster weiterhin zu fördern? Es wird zu Einsparungen kommen, die Frage ist, ob man die abgefedert bekommt, und wie das dann passiert. Wenn das Programm ausläuft, gibt es einen Verstetigungssschlüssel. Der kleinere Anteil kommt von den Exzellenzstellen, der größere vom Rest der Uni. Ich habe das bei den Biologen jetzt mitbekommen. Wenn wir (Anmerkung der Redaktion: Schnepper studiert u.a. Biologie) mit dem Cluster nicht wieder dabei gewesen wären, hätte die Biologie eine Professorenstelle aus eigenen Mitteln verstetigen müssen, während drei oder vier aus den Mitteln des Rektorats verstetigt worden wären. Das Rektorat hat die Mittel wiederum, weil es diese vorher bei den Fakultäten eingesammelt hat.

 

In der ersten Runde stellten Bund und Ländern von 2006 bis 2012 rund 1,9 ­Milliarden Euro für Graduiertenschulen, Exzellenzcluster und Zukunftskonzepte zur Verfügung. Der Umfang der zweiten Exzellenzinitiative bis 2017 beträgt 2,7 Milliarden Euro. Weitere Runden der Exzellenzinitiative soll es nicht geben. An der Uni Köln werden im Rahmen der zweiten Initiative das Zukunftskonzept, zwei Exzellenzcluster zur Pflanzen-und Altersforschung und zwei Graduiertenschulen gefördert. Die Summe beläuft sich auf insgesamt etwa 120 Millionen Euro.