Palast statt Wohnungen
Im Sommer ist zumindest ein kleiner Teil der Brache an der Schönhauser Straße in Bayenthal bunt. Die Initiative Neuland bewirtschaftet einen Gemeinschaftsgarten. Wo einst die Dom-Brauerei residierte, wachsen nun Tomaten, Kartoffeln oder Zucchini. Der Rest der rund sieben Hektar Bauland liegt seit 2005 brach. 2008 plante der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes (BLB) hier für die Fachhochschule Deutz einen Neubau. Doch Proteste in Deutz und Kalk haben den Umzug verhindert. Nun will der BLB auf dem Gelände ein neues Justizzentrum errichten.
Dass der BLB ausgerechnet hier Staatsanwaltschaft, Amts- und Landgericht ansiedeln will, besitzt eine gewisse Ironie. Denn um das Areal zu erwerben, hatte der BLB einen ominösen Deal vorgenommen und den Kölner Bauunternehmer und IHK-Präsidenten Paul Bauwens-Adenauer zwischengeschaltet. Der erwarb 2008 und 2009 nacheinander die einzelnen Parzellen und verkaufte sie jeweils an den BLB weiter — teilweise nach nur wenigen Tagen und insgesamt mit einem Aufschlag von rund 10 Mio. Euro gegenüber dem Kaufpreis.
Unter dem damaligen BLB-Chef Ferdinand Tiggemann sind noch weitere Grundstücke über Zwischenhändler gekauft worden. Dazu gehört unter anderem auch der Bau des Polizeipräsidiums auf dem ehemaligen CFK-Gelände in Kalk. Die Staatsanwaltschaft spricht von »kaufmännisch sinnlosen Entscheidungen« zu Lasten des Steuerzahlers. Tiggemann muss sich mit anderen wegen des Verdachts auf Untreue vor Gericht verantworten. Der NRW-Landtag hat einen Untersuchungsausschuss zu den BLB-Geschäften eingerichtet.
Der BLB ist nach dem gescheiterten FH-Umzug unter Druck, dass Gelände anderweitig zu nutzen. Schließlich sind rund 90 Mio. Euro ausgegeben worden. Dass jemand wie Amtsgericht-Präsident Hans-Willi Laumen im Kölner Stadt-Anzeiger die Pläne begrüßt, ist nicht verwunderlich. Wer wollte nicht in einem schicken neuen Gebäude arbeiten? Für städtebauliche Überlegungen fühlt sich Laumen nicht zuständig. Was aber würde der riesige Justizkomplex für die Südstadt bedeuten?
Die Bürgerinitiative Südliche Altstadt (BISA) will die Pläne verhindern. Ihr Sprecher Pui von Schwind fordert die Umsetzung des »Entwicklungskonzepts südliche Innenstadt-Erweiterung«. Darin ist die Verlängerung des Grüngürtels zum Rhein, öffentlich geförderte Wohnungsbau und eine Schule vorgesehen. Dafür setzt sich auch die Initiative »Mehr Gesamtschulen in Köln« ein.
Auch die Politik ist nicht von den Plänen des BLB überzeugt. Jürgen Klipper (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, befürchtet einen »leblosen Justizpalast«. Das Viertel wäre nach Betriebsschluss wie ausgestorben. Er schlägt vor, dass neue Justizzentrum auf dem Gelände des Großmarkts in Raderberg zu bauen, der nach Marsdorf verlagert werden soll.
Längst ist ein städtebauliches Gedankenspiel im Gange, dass die Probleme immer auf die nächste Brache verschiebt. Zudem bleibt die Frage, was mit dem alten sanierungsbedürftigen Justizzentrum an der Luxemburger Straße geschieht, wenn der Betrieb nach Bayenthal umzieht. Wird dafür kein Investor gefunden, um etwa Studentenwohnungen einzurichten, droht der Abriss und damit für Jahre die nächste Brache. Eine Entscheidung der rot-grüne Landesregierung, ob sie den Neubau-Plänen des BLB zustimmt, ist für Anfang des Jahres in Aussicht gestellt worden.