Einfach Fußball? Kein Bock

Ein Mitglied der Kölner Ultrà-Gruppe »Coloniacs« über den Rückrundenstart in der zweiten Liga

Am 2. Februar geht’s wieder los — 19. Spieltag, zweite Liga, 1. FC Köln. Ich freu mich drauf! Im Ernst? Überhaupt nicht, ich habe keinen Bock. Ist ja alles schön und gut, wie der FC gerade dasteht, die Mannschaft könnte sogar noch um den Aufstieg mitkämpfen, aber ich bin immer noch sauer. Sauer auf das, was in den vergangenen Wochen passiert ist.

 

Ich bin Mitglied bei den Coloniacs, einer der drei Ultrà-Gruppen des FC. Finstere Gesellen sind wir, sofern manchen Zeitungen Glauben geschenkt werden kann. So finster, dass sich sogar der Verfassungsschutz für uns interessiert und seit Jahren V-Leute eingesetzt werden, wie NRW-Innenminister Ralf Jäger unlängst zugab.

 

Seit nunmehr anderthalb Jahren sind Fußballfans im Fokus der Öffentlichkeit. Wöchentlich neue Schreckensnachrichten — schwarzer Rauch in Köln zum Abstieg, randalierende Dresdner im DFB-Pokal und platzstürmende Düsseldorfer in der Relegation. Alles große Skandale, die zeigen sollten: Der Fußball hat ein Gewaltproblem. Hat er aber nicht, zumindest kein größeres als unsere Gesellschaft. Der viel zitierte Vergleich ist immer noch wahr: Beim Oktoberfest werden mehr Menschen Opfer von Gewalt als beim Fußball.

 

Dennoch war die Folge der hysterischen Berichterstattung, dass die Politik der alten Logik folgte, dass »Sicherheit« Wählerstimmen bringt. Innenminister sprachen sich parteiübergreifend für härtere Strafen aus. Als hätten wir nicht jetzt schon unter ständigen Anzeigen und auf Verdacht ausgesprochenen Stadionverboten zu leiden, ohne jemals rechtskräftig verurteilt worden zu sein. In dubio pro reo? Nicht im Fußball.

 

Am 12. Dezember verabschiedeten die Profivereine auf Druck der Landes-Innenminister das Konzept »Sicheres Stadionerlebnis«. Vorausgegangen war eine monatelange Debatte. Das Schweigen in den Stadien über zwölf Minuten und zwölf Sekunden und die Demonstrationen in vielen Städten — wie auch die Fandemo in Köln am 8. Dezember — wurden wahrgenommen, aber der Wunsch nach einem Dialog, nach Mitsprache, das, was wir Fans eigentlich wollten, wurde ignoriert.

 

Deswegen bin ich sauer. Deswegen kann ich nicht lustig singend wieder ins Stadion zurückkehren. Auch 2013 werden wir Ultràs weiterhin den Dialog einfordern. Das wird auch im Müngersdorfer Stadion zu bemerken sein. Denn was droht, ist nicht weniger als der Tod der Fankultur in Deutschland. Es wäre der Sieg des modernen, geld- und erfolgsgeilen Fußballs über den Fan, der dann nur noch Kunde sein dürfte.

 

Alex ist seit der Gründung der Gruppe im Jahr 2009 bei den Coloniacs, besitzt seit 1999 eine Dauerkarte in der Südkurve. Er mag keine Populisten und Rassisten, weder im Stadion noch in der Politik