Dafür lohnt es sich, zu pendeln: Lina Schukat in ihrer Bonner Wohnung, Foto: Manfred Wegener

Besser nach Bonn

Kölner Studenten finden keine Wohnung — die Stadt sucht Lösungen

»Hilfe! Zimmer gesucht!«, »Suche WG-Zimmer! Max. 350 Euro« — im Oktober vergangenen Jahres waren die schwarzen Bretter der Kölner Unis voll mit Wohnungsgesuchen. Kurz vor Semesterstart fanden in Köln 7000 Studenten keine Wohnung. Unter ihnen auch Lina Schukat. »Ich habe vier Monate lang gesucht und über 30 Wohnungen besichtigt, das war die absolute Hölle«, erzählt die 23-Jährige. »Bei den Besichtigungen kam man kaum in die Wohnung und alle standen da mit gezücktem Stift, um gleich den Mietvertrag zu unterschreiben.

 

«Mit der Nachfrage schossen die Preise in die Höhe: »Ich war in winzigen Wohnungen für 500 Euro. Doch irgendwann ist man so verzweifelt, dass man das letzte Loch nimmt.« Laut Alexander Suchomsky, Sozialreferent des Kölner Asta, soll die Durchschnittsmiete für Kölner Studenten schon 2009 bei 330 Euro gelegen haben — 50 Euro über dem bundesweiten Durchschnitt. »Das ist in den letzten Jahren weiter explodiert«, sagt er. Der akute Mangel günstiger Wohnungen stand dem wachsenden Ansturm neuer Studenten gegenüber.

 

Viele Studenten, die keine Wohnung in Köln fanden, sehen sich nun, kurz vor Beginn ihres zweiten Semesters im Februar 2013, dazu gezwungen, zu pendeln. »So kann man nicht ordentlich studieren. Wer die erste Zeit des Studiums mit Wohnungssuche verbringt, fällt schnell aus der Regelstudienzeit«, beklagt sich Suchomsky.

 

Die größten Anbieter von Studentenwohnungen sind die kommunale  Wohnungsbaugesellschaft GAG und das Kölner Studentenwerk. Beim Studentenwerk sieht man die Situation nicht ganz so dramatisch. Der große Ansturm sei zumindest im vergangenen Jahr ausgeblieben: 2012 gab es knapp 500 Bewerbungen mehr als im Vorjahr. »Das ist keine dramatische Steigerung«, sagt Peter Schink, Geschäftsführer des Kölner Studentenwerkes.

 

Mit dem Wegfall der Wehrpflicht und dem doppelten Abiturjahrgang dürfte der Ansturm im kommenden Wintersemester 2013/2014 allerdings noch größer werden. Auch Schink gibt zu, dass die Kapazitäten nicht reichen werden: »Wir haben momentan 4650 Plätze. Das ist im Vergleich zu anderen Universitätsstädten relativ gering. Wenn wir aber ein Grundstück angeboten bekommen, auf dem ein Wohnheim mit 300 Plätzen gebaut werden soll, ist das ohne Zuschüsse des Landes nicht bezahlbar«, so der Geschäftsführer.

 

Das Kölner Studentenwerk sucht nach kurzfristigen Lösungen; der Bau eines neuen Wohnheims dauere zu lange. Hoffnung wird nun am Eifelwall geschöpft. Wenn für das Eliashaus für wohnungslose Männer an der Stolzestraße Ersatz gefunden wird, könnten gemeinsam mit der GAG durch einen Umbau 50 bis 60 neue Plätze geschaffen werden. Das Haus befindet sich im Besitz der Kölner Wohnungsversorgungsbetriebe und wird vom Johannesbund bis 2014 betrieben. Eine weitere Möglichkeit gäbe es im Unicenter an der Luxemburger Straße. Durch die Anmietung eines weiteren Etagenteils kämen hier zusätzliche 30 bis 40 Studenten unter.

 

Die Kölner SPD spricht sich für die Einrichtung einer Task Force »Studentisches Wohnen« aus, in der Kölner Ämter, Allgemeine Studierendenvertretungen, die GAG und Wohnungsgenossenschaften leerstehende Wohnungen und Büroflächen auf ihre Eignung für studentisches Wohnen prüfen. »Wir wollen, dass auch die Wohnungsunternehmen sich beteiligen und günstigen Wohnraum innerhalb der Stadt anbieten«, erklärt Hans Peter Juretzki, SPD-Fraktionschef in der Ehrenfelder Bezirksvertretung.

 

Auch Freiflächen, auf denen sich Studenten in günstige Container einmieten können, soll die Task Force berücksichtigen. In ihrer Begründung spricht die SPD das Amsterdamer »Keetwonen« an, wo 1000 Studierende für 210 Euro Miete in umgebauten Schiffscontainern leben. Konkret vorstellen könnten sich die Ehrenfelder Sozialdemokraten das auf dem Alten Güterbahnhof, in den ehemaligen Offiziersheimen an der Rudi-Conin-Straße oder am Ossendorfer Weg.

 

Dieses Jahr will die Landesregierung außerdem 50 Millionen Euro als Förderdarlehen bereitstellen, das von Studentenwerken, Immobilienunternehmen und privaten Investoren genutzt werden kann. Suchomsky bleibt skeptisch. «Selbst 200 Wohneinheiten sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der Druck auf die Kommunal- und auch die Landespolitik muss aufrechterhalten werden.«

 

Und Lina Schukat? Die hat schließlich nach Monaten der Suche aufgegeben und ist nach Bonn gezogen, um dort Englisch und Geschichte zu studieren. »Meine sozialen Kontakte haben sich von Köln hierher verlagert. Ich bin mittlerweile sogar froh, nach Bonn gezogen zu sein. Hier habe ich nur fünf Wochen gesucht.«