Rassismus im Rat

Christian Steigels zum Ratsantrag »Migration aus den EU-Mitgliedsstaaten Südosteuropas« von SPD, Grünen, CDU und FDP

 

Die Bilder, die im vergangenen Jahr Schlagzeilen machten, sind noch sehr präsent: Flüchtlinge in überfüllten Kölner Notunterkünften oder Turnhallen, Menschen die unter unwürdigen Umständen leben, überforderte Vertreter der Stadt, und die Rechtsextremen von Pro Köln, die die Situation zur Hetze nutzen.

 

Es herrscht Handlungsbedarf. Die Kommunen müssen aktuell mehr Unterstützung von Bund und Ländern erfahren. Trotzdem ist der von CDU, SPD, FDP und Grünen Mitte März gemeinsam eingebrachte Ratsantrag »Migration aus den EU-Mitgliedsstaaten Südosteuropas« unerträglich. In der ursprünglichen Version, die mittlerweile abgeschwächt wurde, forderten die Fraktionen: »Seit 2007 steht es Bürgerinnen und Bürgern aus den südosteuropäischen Staaten Rumänien und Bulgarien frei, ihren Aufenthaltsort innerhalb der EU zu wählen. […] Der Rat appelliert […] eindringlich an die Bundesregierung, auf deutscher wie auch auf europäischer Ebene Rahmenbedingungen zu schaffen, die diese Migration deutlich reduzieren und die soziale Balance in den Städten erhalten.«

 

Wer gemeint ist mit den Migranten aus Bulgarien und Rumänien, ist klar: es geht um Roma. Eine Bevölkerungsgruppe, die sich in Südosteuropa zunehmender Diskriminierung und Ausgrenzung gegenüber sieht, soll dafür aufkommen, dass die Stadt es in den vergangenen Jahren versäumt hat, ausreichend Wohnraum und Beratungs- sowie Vermittlungsangebote für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Obwohl der steigende Bedarf abzusehen war, worauf auch Flüchtlingsverbände immer wieder hinwiesen. Wenn die Politiker zudem die soziale Balance und die Überforderung einer wie auch immer definierten Stadtgesellschaft anführen, ist das ein scheinheiliges Ablenkungsmanöver. Die soziale Balance in den Städten leidet unter vielem: zu wenig bezahlbarer Wohnraum, schlechte Arbeitsverhältnisse, zu wenig Angebote für sozial Schwache. 

 

Auch wenn die erste Version des Antrags nach Protesten von Flüchtlingsorganisationen in abgeschwächter Form verabschiedet wurde, bleibt die erste Variante heften an den Fraktionen. Statt Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) entgegenzutreten, der 2012 unter anderem eine Wiedereinführung der Visumspflicht oder beschleunigte Asylverfahren zur Abschreckung angeregt hatte, schlug man mit einem missverständlich formulierten Antrag in die gleiche Kerbe. Da ändert auch die modifizierte Version nicht viel, denn der Tenor ist gleich geblieben.

 

Übrigens: in der gleichen Ratssitzung brachte die rechtsex-treme Pro-Köln-Fraktion den Antrag »Maßnahmen zur Verhinderung von weiterem Zuzug in das Stadtgebiet von Köln« ein. Unter anderem mit der Forderung »dass die weitere Zuweisung von Asylbewerbern an die Stadt Köln zukünftig unterbleibt und das Land NRW sich für eine Verschiebung der Freizügigkeitsregelung für Rumänen und Bulgaren einsetzt.« Ähnlichkeiten sind rein zufällig.