Schreckt vor der Skepsis seiner Mitschüler nicht zurück — Yannik Breuer ist Vorstand des Jugendforums, Foto: Manfred Wegener

Ich möchte Teil eines Jugend­forums sein

In Rodenkirchen dürfen nun auch Jugendliche Politik machen

Eine defekte Rechenmaschine aus den 70er Jahren hat es den Vorstandsmitgliedern des Jugendforums angetan. Der Kasten steht auf dem Schreibtisch ihres frisch bezogenen Büros im Rodenkirchener Rathaus. Nachdem die Jugendlichen die leere Patrone und die vergilbte Papierrolle ausgetauscht haben, freuen sie sich nun über das abgestaubte Utensil aus analogen Zeiten. Ob es in der Kommunalpolitik auch so einfach ist, Dinge zum Laufen zu bringen?

 

Seine Mitschüler seien da skeptisch, erzählt Yannik Breuer, Vorstandsvorsitzender des Jugendforums. »Ihr macht jetzt also einen auf groß«, belächelten manche das Projekt, aber der 18-Jährige hält dagegen. »Ich glaube, viele sehen gar nicht die Möglichkeiten, die uns das Jugendforum bietet. Bisher konnten wir uns nur in der Schule engagieren, aber was unsere Freizeit angeht, hatten wir kein Mitbestimmungsrecht.« Das soll sich in Rodenkirchen nun ändern, das Jugendforum zum politischen Sprachrohr der jungen Generation werden. Ein Pilotprojekt, das als Vorbild für die gesamte Stadt dienen könnte.

 

Dreißig Schülerinnen und Schüler der zehn weiterführenden Schulen des Bezirks gehören dem Gremium an. Ende Februar haben sich die Mitglieder im großen Sitzungssaal des Rathauses eine eigene Geschäftsordnung gegeben und einen fünfköpfigen Vorstand gewählt. Dieser nimmt nun an den Sitzungen der Bezirksvertretung teil und kann mit seinem Rede­recht zur Entscheidungsfindung beitragen. Auf der Sitzung im April meldet sich Breuer erstmals zu Wort: Das Jugendforum unterstützt einen Änderungsantrag der SPD-Fraktion. Darin geht es um eine direkte Busverbindung von Marienburg über den Neumarkt nach Deckstein. »Das ist etwas, was die Jugendlichen schon sehr lange fordern«, argumentiert der 18-Jährige, schließlich sei der Neumarkt ein Knotenpunkt und der auf der Strecke nach Deckstein gelegene Aachener Weiher ein beliebter Aufenthaltsort für Jugendliche.

 

Apropos Aufenthaltsort für Jugendliche. Daran mangele es in Rodenkirchen erheblich, da sind sich Breuer und Bezirksbürgermeister Mike Homann (SPD) einig. Weil es keine Treffpunkte für junge Leute gibt, komme es immer wieder zu Konflikten, zum Beispiel an der Rheinpromenade. »Da sitzen im Sommer an manchen Abenden bis zu 200 Jugendliche auf der Mauer und machen Party. Dass das bei den Anwohnern für Ärger sorgt, ist klar«, meint Homann. Zusammen mit dem Jugendforum will er eine Lösung finden. »Eine selbst organisierte Strandbar unten am Rhein zum Beispiel, mit Grillplatz, Pavillons und Liegestühlen«, — der Bezirksbürgermeister versichert, er sei da ganz offen. Um weitere Ideen für Projekte zu sammeln, lädt das Jugendforum jeden zweiten Dienstagnachmittag ins Büro zur Sprechstunde ein.

 

Einmal im Monat kommt der Vorstand des Jugendforums Sitzung zusammen. Jede der zehn weiterführenden Schulen schickt einen Beisitzer, damit ein möglichst großes Meinungsbild aus dem gesamten Stadtgebiet eingeholt wird. Einmal pro Quartal treffen sich alle Mitglieder im Rathaus. Weil die Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahre alt sind, kommen ganz unterschiedliche Perspektiven zum Ausdruck. »Das ist ja das Schöne. Ich glaube, wenn wir nicht diese große Altersspanne hätten, würde das Ganze auch nicht richtig funktionieren«, sagt Breuer.

 

Wenn das Jugendforum Vorschläge einbringen will, laufen diese über den Bezirksbürgermeister, nicht etwa über die einzelnen Fraktionen. »Ich nehme die Ideen an und gebe sie an alle Fraktionen weiter«, erklärt Homann. Die ­Fraktionen müssen dann einen gemeinsamen Antrag einreichen. »Ich will auf gar keinen Fall, dass einzelne Parteien die Antragssteller für das Jugendforum sind, dass eine Fraktion die Jugendlichen womöglich gegen eine andere ausspielt.« Das Jugendforum sei eine parteiunabhängige Institution, und das solle so bleiben.

 

Breuer stimmt zu: »Wir, im jetzigen Vorstand, sind in keiner Jugendpartei aktiv. Das ist für mich absolutes Neuland.« Der Abiturient war drei Jahre Schülersprecher an der Rodenkirchener Gesamtschule, außerdem engagiert er sich bei der freiwilligen Feuerwehr. Nach dem Abitur will er seinen Kindheitstraum verwirklichen: »Schon mit zwei Jahren wollte ich unbedingt Pilot werden.« Bis September bleibt Breuer dem Jugendforum aber erhalten. Dann wird ein neuer Vorstand gewählt.