Auch in diesem Bild haben wir wieder ein Kunstwerk versteckt: Kolbhalle in Ehrenfeld; Foto: Manfred Wegener

Gelebte Kunst

Nach dem Willen von Rot-Grün gibt es für die Kolbhalle in Ehrenfeld keine Zukunft

 

Fragt man Ehrenfelder nach der Kolbhalle, bekommt man häufig den Begriff »Gesamtkunstwerk« zu hören. Seit 1989 ehemalige Hausbesetzer hier einzogen und eine Mischung aus alternativem Wohnprojekt und Großraum-Atelier aufbauten, war das einstige Maschinenwerk lange einer der wenigen Farbkleckse in der Industriebrache. »Die Kolbhalle ist ein lebendiger Organismus innerhalb der freien Kunstszene«, sagt Thor Zimmermann von der Wählergruppe »Deine Freunde«. Dieser Organismus ist jedoch in akuter Gefahr. Anfang Juni wollte die Stadt Köln das Gelände räumen lassen. Die Hundertschaften der Polizei mussten allerdings aufgrund eines Formfehlers unverrichteter Dinge wieder abziehen: Der von der Stadt erworbene Räumungstitel war unvollständig.

 

Die Kolbhalle blickt auf eine lange Geschichte zurück. Als die Stadt in den späten 80er Jahren ein besetztes Haus in der Marienstraße räumen ließ, bot sie den Bewohnern als Ersatz die Halle 3 des ehemaligen Kolbwerks gleich um die Ecke an. Laut Vereinbarung zwischen Stadt und dem damals gegründeten Verein »Wir selbst e.V.« sollten die Bewohner das Gelände dauerhaft zum Leben und Arbeiten zur Verfügung gestellt bekommen. Das Problem: Die Landes­entwicklungsgesellschaft (heute: NRW.Urban) als Eigen­tüme­rin konnte aus formalen Gründen nur einen Mietvertrag über zehn Jahre an die Stadt Köln ausstellen.

 

Nach zehn Jahren lief der Vertrag zwischen Stadt und NRW.Urban dann aus und wurde nicht verlängert — die Bewohner blieben trotzdem in der Kolbhalle. Seither versucht die Stadt, sie loszuwerden, um das mehr als 3000 Quadratmeter große Gelände an NRW.Urban zurückzugeben. Denn als letzte Hauptmieterin ist die Stadt verpflichtet, der Eigentümerin Entschädigung für die entgangenen Mieten zu leisten. Die Bewohner haben ihrerseits die Mietzahlungen 2007 gestoppt.

 

Die städtischen Versuche, einen Räumungstitel zu erwerben, blieben lange ohne Erfolg. Erst im Dezember 2012 entschied das Amtsgericht, dass das Mietverhältnis rechtsgültig beendet sei und machte damit den Weg für die Räumung frei.

 

Nachdem die jedoch gescheitert ist, wollen sich die Bewohner nun kooperativer zeigen. Mitte Juni haben sie damit begonnen, wieder Miete an die Stadt zu überweisen. Um die Miete zu finanzieren, planen sie, ein Café auf dem Gelände zu eröffnen. Auch mit NRW.Urban möchten die Kolbhallenbewohner verhandeln; sogar einen Kauf des Geländes ziehen sie in Erwägung. Ob der Verein die finanziellen Mittel dazu aufbringen kann, ist indes fraglich.

 

Unterstützung kommt von Thor Zimmermann. Der Ehren­felder Ratsherr forderte im Juni in einem Ratsantrag die Verwaltung auf, gemeinsam mit Bewohnern und NRW.Urban ein Nutzungskonzept zu entwickeln. SPD und Grüne allerdings brachten kurz vor der Sitzung einen Ersetzungsantrag ein. Dieser sieht vor, dass die Kolbhalle geräumt und der NRW.Urban übergeben werden soll, mit der die Stadt dann über eine Mischnutzung aus Gewerbe für die Kreativwirtschaft und Wohnraum verhandeln solle.

 

Nach hitziger Diskussion im Rat wurde der Ersetzungsantrag von Rot-Grün mit den Stimmen der FDP verabschiedet. Die Zukunft des Gesamtkunstwerks ist wieder ein bisschen unsicherer geworden.