Foto: Manfred Wegener

Kahlschlag im Zaubergarten

Der Sparwut der Stadt sollen auch die Tropenhäuser zum Opfer fallen – Freunde der Botanik machen dagegen mobil

Da sind Technokraten am Werke, die offenbar ohne Liebe zur Sache vorgehen, die Zuwendung zur Natur scheint zu fehlen. Es gibt keine Freunde des Grünen.« Konrad Adenauer, Kanzler- und Oberbürgermeisterenkel, ist empört. Was der Vorsitzende des Fördervereins der Freunde des Botanischen Gartens vermisst, sind Menschen in der Stadtverwaltung, die die Liebe der KölnerInnen zur Flora und ihren Tropenhäusern teilen. Denn auf der Streichliste der Stadtverwaltung steht die – so wörtlich – »Schließung der Schau- und Gewächshäuser im Botanischen Garten«. Im Rathaus heißt es dazu lediglich: »Kein Kommentar«. Der Abriss der Tropenhäuser aber wäre »ein Verstoß gegen das Washingtoner Artenschutzabkommen«, weiß Jurist Adenauer. In einem Protestbrief an OB Schramma schreibt er im Namen des Freundeskreises: »Dies bedeutet die Vernichtung von Tausenden Pflanzenarten der Tropen und Subtropen, davon ca. 600 absolut geschützte Arten (auch Pflanzen sind Lebewesen), und eine Bankrotterklärung des Kölner Grüns.«

Botanik hat Tradition in Köln

Der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) erinnert Schramma in einem eigenen Protestbrief an die Tradition der Botanik in Köln: Einen »Zaubergarten mit erblühten Pflanzen und gereiften Früchten«, also ein Gewächshaus, habe Albertus Magnus bereits 1249 bei Eis und Schnee dem damaligen Grafen Willem II. von Holland präsentiert. Kürzlich wurden Flora und Botanischer Garten, 1863 entstanden, im Rahmen der »Straße der Gartenkunst zwischen Rhein und Maas« als Werk von Peter Josef Lenné unter die 66 wichtigsten Anlagen im Rheinland eingereiht. Volksgarten, Stadtgarten und Friedenspark, die von ihrer kunstgeschichtlichen Bedeutung auch dazu zählen würden, fielen wegen des schlechten Pflegezustandes raus.

Anschauliche Pflanzenwelt

Für Gerd Bermbach, Fachsprecher Gartendenkmalpflege des BDLA in Nordrhein-Westfalen und seit April Geschäftsführer des Fördervereins des Freundeskreises Botanischer Garten, wäre der Abriss so »wie wenn gleichzeitig ein Museum und der Zoo zerstört würden: Heute kennen die meisten Kinder und Erwachsenen vielleicht noch acht bis zehn Pflanzen. Hier können sie die Vielfalt der Pflanzenwelt erfahren oder anschaulich erleben, dass Rohstoffe wie Kakao nicht in der Dose wachsen. Zudem haben wir hier Pflanzen wie den 300 Jahre alten Palmfarn, die an ihrem Naturstandort quasi ausgestorben sind. Was der Zoo für bedrohte oder ausgestorbene Tierarten bedeutet, leisten wir für die Pflanzenwelt.«

Alternative Sparvorschläge der Botanikfreunde

Die zum Abriss vorgeschlagenen Tropen- und Subtropenhäuser beherbergen ein Reservoir seltenster Pflanzen, ohne die die Stadt tatsächlich ärmer würde. Bermbach: »Ein Botanischer Garten ist ein für kurzfristige Sparzwecke völlig ungeeignetes Objekt, da mit der Niederlegung der Gewächshäuser sein Herzstück, nämlich die Sammlung über 50-jähriger Palmen, Farne, Kakteen und Sukkulenten für immer verloren ginge.« Bermbach organisiert deshalb zurzeit die Unterstützung weiterer Fachverbände zur Rettung der Flora.
Wenig mit Tradition, aber viel mit übereilten Einsparungen hat die Abrissidee zu tun: Das Tropenhaus ist seit langem marode, es geht um Sanierungskosten zwischen 500.000 und 1,2 Mio. Euro. Der Freundeskreis hat selbst Sparvorschläge entwickelt, die unter anderem vorsehen, die Stadtgärtnerei in Poll zu privatisieren. Die Auszubildenden könnten im Botanischen Garten weiter arbeiten, Aufträge gingen an den darbenden Mittelstand. »Die dadurch frei werdenden Mittel würden völlig ausreichen, um dem Botanischen Garten und der allgemeinen Grünpflege in Köln zu helfen.«

Beleidigte Verwaltung

Noch aber sind alle Ideen und Proteste »wie Schattenboxen im Keller«, bedauert Adenauer. Denn ins Dunkel der Abrisspläne bringt die Stadt kein Licht. Die Briefe der Flora-Freunde und des BDLA wurden nicht beantwortet, sondern nur an den zuständigen Baudezernenten Béla Dören weitergeleitet. Den Protest prominenter BürgerInnen gegen die Pläne der Verwaltung nimmt man eher beleidigt zur Kenntnis: »Die Flora hat eben eine Lobby.« Die meisten unprominenten KölnerInnen, hat man im Rathaus beobachtet, nutzen ohnehin nur die Parkanlagen, interessierten sich aber nicht für die Tropenhäuser. Adenauer indes appelliert an Parteifreund Schramma: »Zeigen Sie Ihr Herz für Grün, nicht nur für Schwarz-Grün.«

Info
Am 7. April von ca. 10-18 Uhr wollen die Freunde des Botanischen Gartens mit einer großen Veranstaltung in der Flora für ihre Kampagne zur Rettung der Tropenhäuser werben. Auf dem Programm steht unter anderem ein hochkarätig besetztes Symposium, Fachleute werden über die Artenschutzabkommen informieren. Aktuelle Infos in der Tagespresse.