Die Rückkehr der Hardware
Nackt stapft der Terminator in eine Bar und sucht seine muskulöse Blöße zu bedecken. Leider ist »Ladies Night« und so scannt das Computerauge nur Röcke, BHs, Damenslips ab – bis es schließlich an der Lederkluft eines männlichen Strippers hängen bleibt.
Der nackte Mann mit der Figur eines Mister Universum ist erneut in einer Art Zeitblase aus der Zukunft gesandt worden, um John Connor zu finden und zu beschützen. Denn Connor wird Skynet bezwingen, ein wild gewordenes Computerprogramm, das die Menschheit zu vernichten droht.
Einige Schnitte und mehrere gebrochene Knochen später fährt die Kamera an den altbekannten Stiefeln entlang, die engen Jeans hinauf zur Rockerjacke. Die Fahrt längs der Terminator-Insignien endet bei einer sternförmigen Sonnenbrille mit Blümchenrand. Dieser Einbruch des Femininen in einen Film für harte Jungs manifestiert sich auch andernorts: T-X (Kristanna Loken), die von Skynet gesandte Gegnerin Schwarzeneggers, zeigt sich in Verkehrung eines bewährten Männlichkeitskonzepts außen weich und innen ganz hart: Als mit flüssiger Nanotechnologie ummanteltes Hartmetallskelett kann die künstliche Dame noch gemeiner austeilen als ihre Vorläuferin. Sarah Connor, die weibliche Actionikone der ersten beiden »Terminator«-Filme, wurde zwar zwischenzeitlich zu Grabe getragen, ihr Geist prägt jedoch auch dieses Sequel. Während der Terminator in einer emblematischen Sequenz Sarahs Sarg durch einen Kugelhagel schleppt, ist er mit jenen Wummen ausgerüstet, die John Connors Mutter seinerzeit noch in der Kiste versteckt hatte – für alle Fälle. Der Rebellenführer selbst (Nick Stahl), vor zwölf Jahren noch ein aufgeweckter Bursche, der dem hydraulisch betriebenen Ersatzvater Ansätze zivilisierten Verhaltens beibrachte, ist jetzt eine von Verfolgungsängsten geplagte Niete. Führungsqualitäten entwickelt er erst an der Seite einer passenden Partnerin, der Veterinärin Kate Brewster (Clare Danes).
Solche feministischen Gegenläufe im Actionfilm waren, wie gesagt, schon in den ersten beiden Terminator-Filmen angelegt. Nachlassverwalter Jonathan Mostow ist ein solider Actionregisseur (»U 571«), als avantgardistischer Wunderknabe erscheint er nicht: Sein Film schafft keine neuen Archetypen, sondern arbeitet die Mythologie der Vorgänger weiter aus. Der Terminator also endgültig ein ausrangiertes Modell, wie er selber, schon ein wenig hüftsteif, bekundet?
James Camerons »Terminator« (1984) und »Terminator 2 – Judgement Day« (1991) erschienen jeweils als Action-Leitfilme ihres Jahrzehnts. Entlang der Geschichte vom Kampf Mensch gegen Maschine brachten sie einige Befindlichkeiten der jeweiligen Dekade auf den Punkt und antizipierten die der folgenden. Die Paranoia des dritten Jahrtausends ist eine andere; das Misstrauen wird mittlerweile der Realität selbst entgegengebracht und nur noch indirekt den Maschinen. Seit 1999 gilt »Matrix« als paradigmatisch. Geheime Netzwerke, Verschwörungstheorien, mangelnde Trennschärfe zwischen Realität und Simulation, Schein und Sein, postmoderne Sinnsuche sind die neuen Themen. Der Held muss daher ein messianischer Hacker sein, ein hyperflexibler Heilsbringer, der sich in alle medialen wie magischen Kanäle einspeisen kann.
In dieser neuen Unübersichtlichkeit fordert »Terminator 3« nun die Rückkehr der Hardware, setzt auf alte Tugenden: Widerständigkeit, Schwerkraft und harte Körperkonturen. Wo Meister Neo in »Matrix« die feindlichen Kugeln anhält und umlenkt, schluckt der Terminator sie ungerührt und spuckt sie wieder aus. Und wo bei »Matrix« eine neue Maßstäbe setzende Action-Choreographie den Unterschied zwischen Tanz und Schlägerei verwischte, hauen sich die Maschinen nun wieder die Schädel ein und augenscheinlich ein Großteil der 170 Millionen Dollar Produktionskosten zu Klump.
Special-Effect-Designer Stan Winston, oscarprämiert und schon für das Bestiarium aus »Aliens« und »A.I.« verantwortlich, greift wieder in die Vollen. Jetzt gibt es Stahl statt Silikon: Das quietscht, kreischt, kracht und macht Spaß. Früher oder später hängt dem Maschinenmann wieder die Gesichtshaut vom Eisenschädel, und auch diesmal schneidet er sich das vergängliche Fleisch auf, um eigenmächtig in der Hardware herumzuwerkeln: Selbst ist der Robot.
Selbstfindung ist Thema aller Robotermärchen, und von »Blade Runner« bis »A.I.«, geht es dabei zugleich um die Menschwerdung des Androiden. Schwarzenegger, unser Alter Ego, löst das Problem der Willensfreiheit, überwindet seine Programmierung und opfert sich auch diesmal, wie bereits 1991, für eine höhere Sache. Doch statt Skynet mit in den Orkus zu reißen, betätigt er sich als Handlanger der Apokalypse. »Terminator 3« verabschiedet die ganze kompliziert, doppelbödig und scheinheilig gewordene äußere Wirklichkeit und bedient sich dabei der unzweideutigen Bildvisionen des Kalten Krieges: Sinnigerweise im alten Atombunker der US-Regierung beobachten die Connors, wie der Judgement Day stattfindet. Dann aber ist Platz für Neues. Eine Fortsetzung etwa ...
Terminator 3 – Rebellion der Maschinen (Terminator 3 – Rise of the Machines). USA 03, R: Jonathan Mostow, D: Arnold Schwarzenegger, Nick Stahl, Claire Danes, 110 Min. Start: 31.7.