Hier fließt nur noch der Verkehr: Stillgelegte Wasserkinetische Plastik von Wolfgang Göddertz | Foto: Manfred Wegener

Doch nicht so schlecht?

Der Ebertplatz soll radikal umgestaltet werden. Plötzlich entdeckt mancher die Qualitäten der Architektur

Man muss den Ebertplatz nicht schön finden. Weil er, dem Autoverkehr zuliebe, zum großen Teil unterirdisch liegt, ist er dunkel, vermüllt und stinkt nach Pisse. Statt das Agnesviertel und den Eigelstein miteinander zu verbinden, trennt er die Stadtviertel voneinander, weil Fußgänger erst über kaputte Rolltreppen die Unterführung passieren müssen. Der Brunnen auf der Platzmitte ist seit Jahren versiegt, drumherum braust der Autoverkehr. Eigentlich ist der Ebertplatz gar kein Platz, wer hält sich dort schon freiwillig auf?

 

Der von Stadtplaner Albert Speer entwickelte Masterplan für Köln sieht deshalb vor, den Ebertplatz komplett umzugestalten: Die Unterführung soll zugeschüttet und der Platz auf Straßenniveau angehoben werden. Er soll wieder was hermachen, so wie vor dem Zweiten Weltkrieg, als er noch ein schmucker Teil der prachtvollen Ringstraße war. Der Rat der Stadt Köln hat denn auch beschlossen, dass der Ebertplatz als eines der ersten Projekte aus dem Masterplan umgesetzt werden soll. 2013 sollte es eigentlich losgehen, doch weil die FDP-Fraktion seit Jahren einen großen Traum von einer Tiefgarage unter dem Ebertplatz träumt, ist der Prozess ins Stocken geraten: Der Verkehrsausschuss verlangte eine Machbarkeitsstudie. Erst wenn diese vorliegt, kann der Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden.

 

Derweil hat sich in den dunklen Unterführungen und der Ladenpassage, die nie als solche funktioniert hat, einiges getan. Schon 2005 bezogen zwei Künstler ein leerstehendes Ladenlokal, später folgte eine Galerie und 2011 der Kunstraum »Boutique«, gefördert vom Kulturamt. Wenn hier Vernissagen oder Performances stattfinden, bildet das Hipstervolk eine nett anzusehende Mesalliance mit den Besuchern des afrikanischen Cafés, das gleich gegenüber liegt.

 

Der Architekt Roosbeh Badie findet, dass man diese Entwicklungen nicht einfach ignorieren kann. »Köln braucht solche Räume«, sagt er. Deshalb hat er gemeinsam mit seiner Partnerin Andrea Bachmann ein Konzept entwickelt, das nicht die im Masterplan angedachte »große Lösung« für den Ebertplatz sucht, sondern ihn in großen Teilen so erhalten will, wie er heute ist: Mit Betonarchitektur, Absenkung und unterirdischer Passage.

 

Die Architekten gehen beim Ebertplatz von drei räumlichen Ebenen aus — Platz, Halle und Park —, die sie mit wenigen kleinen Eingriffen jeweils stärker zur Geltung bringen wollen. Der Platz, also die oberste Ebene, soll quasi auf dem Deckel der unterirdischen Gänge entstehen. Nicht durch große architektonische Eingriffe, sondern durch eine fußgängerfreundlichere Verkehrsführung. Zum Hansaring, zur Neusser Straße und zum Eigelstein hin sollen neue Fußgängerüberwege geschaffen werden und damit die direkte Verbindung zwischen Eigelstein und Agnesviertel wiederhergestellt werden. Auch die Blickachse vom Eigelsteintor zur Agneskirche wäre wieder gegeben. »Das ist gar nicht so sehr unsere Idee, sondern wir stützen uns damit auf Vorstudien der Stadt zur Verkehrsführung«, sagt Badie. Er ist überzeugt, dass der Autoverkehr am Ebertplatz das größere Problem ist als die architektonische Qualität.

 

Zweiter Teil des Konzepts ist die unter dem Platz liegende »Halle«. Die Gänge und Ladenlokale könnten mit einer künstlichen Lichtdecke versehen und bei Veranstaltungen mit einer Glasfaltwand geschlossen werden. Der Park wiederum soll auf dem östlichen Teil des Ebertplatzes Richtung U-Bahn entstehen und eine Verbindung zur Grünfläche am Theodor-Heuss-Ring schaffen. Auch hier sind nur wenige, kleine Eingriffe geplant: Es sollen mehr Bäume gepflanzt, Bänke aufgestellt und der Brunnen des Künstlers Wolfgang Göddertz wieder in Betrieb genommen werden.

 

Das Konzept bietet in Badies Augen bestechende Vorteile: Es sei nicht nur wesentlich günstiger als das Zuschütten und Neubauen. Sondern es komme auch den Bedürfnissen der Menschen entgegen: »Der Ebertplatz ist kein Stadtplatz wie der Heumarkt oder der Rudolfplatz, sondern er wird von den Menschen genutzt, die in der Nähe wohnen und arbeiten. Und er bietet Platz für kulturelle Nutzungen.« Er und seine Partnerin wollen diese vorhandenen Qualitäten stärken, statt auf dem Reißbrett einen Platz zu planen, der vor allem repräsentativen Ansprüchen genügen soll.

 

Die Architekten sehen ihren Entwurf auch als Plan B an, falls nach erfolgtem Architektenwettbewerb und Baubeschluss der Aufschrei kommen sollte. Nachdem sich Kölner Bürger erfolgreich für den Erhalt und die Sanierung des Kölner Schauspielhauses ausgesprochen haben, ist es nicht ausgeschlossen, dass sie demnächst ihr Herz für 70er-Jahre-Architektur entdecken.

 


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