Kunstmarkt Köln
Zwischen Kunst und Publikum
Als Galerist feiert Rolf Ricke dieses Jahr 40-jähriges Jubiläum, mit der städtischen Kulturpolitik hat er abgeschlossen. Ein Gespräch über 4 Jahrzehnte Kunstmarkt, die alte und die neue Zeit und die Arroganz der Ignoranz. Von Melanie Weidemüller
StadtRevue: 40 Jahre Galerie Ricke, 35 davon in Köln. Haben Sie Aufstieg und Fall einer Kunstmetropole miterlebt?
Rolf Ricke: Ja – so ähnlich wie Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonni. Köln war mal eine wirklich aufregende Stadt.
1967 kamen Sie als junger Galerist von Kassel hierher: Kurt Hackenberg war Kulturdezernent, der Kunstmarkt gründete sich, und es war eine politisch brisante Zeit. Können Sie die Stimmung beschreiben?
Es war natürlich politisch eine interessante Zeit, aber wichtig war der erste Kunstmarkt, der mich dazu bewogen hat hierher zu ziehen. Dieser erste Kunstmarkt war völlig improvisiert, keiner wusste ja genau, was das wirklich ist, was da geplant ist. Und dann wurde das ein ganz großer Erfolg. Ich habe schon nach zwei Tagen gesagt, das ist die Stadt, wo ich hinziehen muss, zwei Monate später hatte ich die Räume gefunden und habe im März 1968 die Galerie eröffnet. Man muss dabei immer wieder bedenken, dass in den 60er Jahren natürlich die Informationsquellen andere waren: Es gab nur drei Fernsehprogramme! Man hatte keine Informationsflut, dadurch gab es so eine unglaubliche Spannung des Entdeckens, eine Neugierde, die alles wissen wollte. Das war eine ungeheure Zeit, die ganz im Aufbruch stand, voller Visionen, voller Energien.
Das künstlerisch Neue kam für Sie damals aus Amerika.
Genau, das passierte parallel. Ich war schon 1965 das erste Mal nach New York gereist, in einer Zeit, als eine neue Kunstrichtung entstand, und das habe ich dann alles nach Köln gebracht. In Kassel hatte ich eigentlich noch kein Programm – und dann konnte ich hier gleich mit einer ganz bestimmten Form, ohne Strategie oder Bewusstsein, wo das mal hingeht, eine neue Kunstrichtung vorstellen. Ich war dauernd in New York, fünf oder sechs Mal im Jahr.
Schauten alle damals nach drüben, weil dort die neuen Impulse herkamen?
Ja, andere Galerien auch. Es ging mir aber nicht um die amerikanische Kunst schlechthin, sondern um ganz bestimmte Aspekte wie z. B. Richard Serra, die Ideen und Erfahrungen der frühen Konzeptkunst, dazu gab es auch bestimmte intellektuelle Positions-Diskussionen und Polemiken. Das habe ich dann gepflegt. Ich wurde erst ein bisschen beobachtet hier, aber aus meiner Erinnerung kann ich sagen: Es war einfach alles möglich, was man vorhatte. Natürlich hat alles Geld gekostet, aber eine Idee zu haben und die umzusetzen – das ist eine typische 60er und 70er Jahre Geschichte –, irgendwie ging das da. Die Künstler standen am Anfang, ich stand am Anfang, also eine ganz interessante Ausgangsposition.
Welche Rolle hat, neben den künstlerischen Aufbrüchen, der politische Geist der Zeit gespielt?
Ich glaube, das Politische hat erst mal keine Rolle gespielt. Auf der anderen Seite hatte die Zeit etwas so wichtiges, dass Sie jeden Tag neue politische Informationen bekamen – Überwindung von Tabus, visionäre Dinge, die in anderen Bereichen passierten. Kunst entsteht ja immer im Dialog zur Zeit, ohne dass sie inhaltlich politische Aussagen haben muss. Wenn Sie an die ganze Prozesskunst denken, die mich interessiert hat, die sich nur mit zerfallendem Material auseinandersetzt, Barry Le Va ist dafür das beste Beispiel: die Zertrümmerung von Glasscheiben, das Schießen von Kugeln in ein Rohr, diese völlig lockere Beschäftigung mit verschiedenen kunstfremden Materialien – das ist ein Abschiednehmen, ein totales Verabschieden von der Vergangenheit. Insofern hatte das etwas Politisches. Und das war eben auch, dass man kompromissloser neue Ideen umsetzen konnte. Wenn ich die ganze Kunstmarktidee, dieses ganze Büro Hackenberg sehe – was da alles passiert ist und wie dieser Mann einfach gewittert hat, das ist jetzt die Zeit, Ärmel hoch und dann geht’s los. Und es ging ja immer nach vorn, es ging nie um das Bewahren, im negativen Sinne.
Steht für diese ständige Bewegung auch der Titel Ihrer Jubiläumsausstellung, »Perpetuum Mobile«?
Das hat damit zu tun. Weil es immer weiter geht, und die Galerie in diesem Falle geht ja auch immer weiter, wie ein Ball, der rollt und bis heute nie aufhört zu rollen. Damals gab es diese sehr, sehr gute Zusammenarbeit mit der Stadt Köln, und es gab noch etwas Wichtiges: Wir hatten damals sehr viel Zeit für unsere Arbeit, unsere inhaltliche Arbeit. Wir konnten uns gegenseitig besuchen, und alle Galerien in Köln haben sich extrem gut verstanden.
Woran lag das, dass es damals scheinbar mehr Zeit gab als Heute?
Weil es einfach kein riesengroßer Betrieb war. Eine Galerie heute zu haben, in dieser Form wie ich sie habe, ist ein Mordsapparat. Mir kommt es manchmal vor, als hätten wir
hier Daimler-Chrylser-Hauptverwaltung. Ich möchte es mal anders herum formulieren: 40 Jahre habe ich eine Galerie, wie es richtig funktioniert, weiß ich immer noch nicht genau. Weil soviel Unwägbarkeiten und Störfaktoren und natürlich positive Dinge zusammenkommen. Weil nichts richtig real ist – weil Sie mit irrealen Dingen zu tun haben, die Sie dann umsetzen in eine Realität. Der Karl Valentin hat ja schon gesagt: »Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit«. Sie macht extrem viel Arbeit.
Aber das galt schon als Sie anfingen ...
Früher hatten wir unsere Karteien, dann haben wir alle vier Wochen eine Ausstellung gemacht. Heute sind es nur sechs bis sieben im Jahr, aber trotzdem ist es mehr Aufwand. Das hat natürlich mit der ganzen Technik zu tun, mit den ganzen Maschinen, die jetzt da drüben auf den Schreibtischen stehen. Es gibt so eine Idee von political correctness, eine Idee, dass alles superkorrekt sein muss und die Improvisation total eingestellt wird, dass man die Verantwortung mehr in der Gruppe übernimmt statt als Einzelperson, dadurch kommt dieses dauernde Gegenchecken, ist das in Ordnung, ist jenes in Ordnung. Man konnte früher den Telefonhörer aufnehmen, etwas besprechen und dann war das in Ordnung. Heute wird das alles noch mal bestätigt per Fax oder per E-mail und dann kommt das wieder zurück und wird noch mal bestätigt, und einer sitzt da immer und schreibt ...
Ist diese »Professionalisierung« also eigentlich kontraproduktiv?
Letztlich ja. Es ist alles so überorganisiert und überprofessionalisiert – was übrigens viele Menschen sagen. Das ist aber nun mal so. Ich glaube, wir haben überall im Leben das Problem, dass wir bestimmte Dinge, die sich entwickeln, nicht wirklich merken. Wir merken ja den Abstieg einer Stadt wie Köln nicht jeden Tag. Natürlich kommt dazu, dass jemand wie ich die alte Zeit und die neue Zeit sozusagen kennt. Die neue Zeit fängt wirklich irgendwann an, die kam nicht so angeschlichen, sondern es gab einen Punkt, so in den 80er Jahren mit der Mülheimer Freiheit, und dann kamen doch sehr radikale Veränderungen.
Wie würden Sie die beschreiben?
Das sind auch wieder politische Dinge: Wo es wieder zum Konservativen zurückgeht, wo sich die sogenannte Linke und die sogenannte Vision selber gefangen haben, durch den Marsch durch die Institutionen. Das war ja Mitte, Ende der 70er Jahre der Fall. Dann kam der Hunger nach Bildern auf der einen Seite, parallel mit dem Aufstieg der CDU auf der anderen Seite. Das können Sie an vielen Dingen festmachen: Es kam zum Beispiel im Theater so eine Figur wie Bob Wilson mit einer Superästhetik, einer superkalten, unsagbaren Ästhetik, die auch eigenartigerweise bis heute rigorosen Erfolg hatte. Da ist also so ein Schnitt, der sehr viel nicht unbedingt visionäre Kraft in das System brachte, und sehr viel Publikumsgeschmack. Es muss ja immer umgekehrt sein.
Dass Publikum soll sich auf die Kunst hinbewegen und nicht umgekehrt.
Genau, und nicht dass man dem Publikum das gibt, was es haben will. Das begann in den 80er Jahren, bevor 1990 dieser erste große finanzielle Crash kam. Die konservativen Bedürfnisse wurden befriedigt, und damit kam dieses viele Geld in die Kunst, und die Spekulation, was sehr viele Dinge doch sehr zerstört hat. Sie können mit einer guten, aggressiven, visionären Kunst nicht unbedingt große Spekulationen anstellen. Ich erinnere mich an die Zeit von 1980 bis 85, da hat sich kein Mensch mehr für irgendwas interessiert, was ich vorher gemacht hatte: Donald Judd, Ulrich Rückriem, Serra, Artschwager, das konnten sie verschenken, das wollte keiner haben. Alles stand unter dem Druck von der wilden Malerei und der Mülheimer Freiheit, das war die große Offenbarung und da wurden die großen Parties gefeiert, da wurden große Essen gegeben und liefen die Künstler mit Schlipsen rum – also so eine richtige gesellschaftliche Geschichte wurde gefeiert. Es gibt so einen Spruch: In dem Moment, wo der Künstler in das teuerste Restaurant geht, ist er schon erledigt. Das kann eben nie das Ziel von Kunst sein.
Dass sich gute Kunst und Geldverdienen ausschließen ist aber ein romantischer Topos, oder?
Es muss nicht der arme Künstler sein, der kann auch einen Haufen Geld haben. Es geht um den Druck von innen, das Bedürfnis. Ich arbeite auf der anderen Seite, und ich möchte kein Künstler sein, weil die unter einem unglaublichen Druck stehen. Kunst zu machen ist extrem schwer. Es muss auch dieser Gegendruck da sein, das Durchsetzen gegen die Ablehnung, die die gute Kunst hat. Und diese Schnittstelle ist die, an der ich dann stehe, das ist eigentlich das Spannende.
Sie verstehen sich als Galerist in erster Linie als Vermittler?
Ja. Ich verstehe mich schlicht als derjenige, der zwischen Atelier und Publikum steht, und der wirklich nichts anderes tut als die Möglichkeit zu schaffen, Kunst auszustellen. Da ich jemand bin, der viele Künstler als erster ausgestellt hat, habe ich diese Vermittlerrolle natürlich sehr genossen – und was anderes sollte ein Galerist nicht sein! Es gibt eine ganze Menge junger Galerien, die das genauso sehen, also wirklich einen intellektuellen Kampf führen. So würde ich meinen Beruf formulieren.
Welche Kunst erfüllt aus heutiger Sicht Ihre Interessen am besten, solche Diskussionen in Gang zu bringen, hat sich das über die Jahre verändert?
Es gibt Dinge, die mich nie interessiert haben, der Expressionismus zum Beispiel, eine Kunst, die sich sehr stark aus dem Gefühl und dem Bauch entwickelt. Ein Superbeispiel dagegen ist Gerhard Richter, Richter ist für mich der Inbegriff einer intellektuellen gepaart mit einer sinnlichen Weise von Kunst: Die stringente Konzeption, und die Bilder sind richtig romantisch, im Sinne von philosophischem Anspruch. Er ist für die letzten Jahre so eine Schlüsselfigur, oder auch Beuys, die beide mit einer wahnsinnigen Schärfe formulieren können, ohne dass sie Formalisten sind. Oder Barnett Newman, Pollock, Rothko, das hat mich damals schon sprachlos gemacht. Picasso eben nicht. Es geht nicht um Abstraktion und Gegenständlichkeit, sondern um das Konzept. Auch Pop-Art ist für mich eine wahnsinnig tolle Entwicklung.
Sie sind bekannt dafür, dass Sie in vielen Gruppenausstellungen oft ungewöhnliche Konstellationen hergestellt haben, auch durch die Kombination alter und neuer Kunst. Wie ist Ihre Herangehensweise an eine solche Ausstellung?
Ich habe Gruppenausstellungen nicht gemacht, um mit möglichst vielen Künstler vielleicht die große Verkaufsmöglichkeit zu kriegen, sondern ich wollte immer diesen Dialog innerhalb der Kunst sehen: Wo sind Qualitätsabfälle, wo Stärken, wo sind Dinge, die ich nicht kenne, wo sind Dinge, die ich kennen lernen will. Es ist einfach immer wieder diese permanente Befragung. Auch wie das ist mit der Kunst, die 10, 20, 100 Jahre alt ist. Pierre Boulez hat das mal sehr schön formuliert für die Musik, in etwa: Es ist wichtig, dass wir in Konzertprogrammen die klassische Musik nicht nur in Beziehung zur neuen Musik stellen, sondern dass wir sie dadurch auch neu befragen im Verhältnis zu dem, was sie uns heute bedeutet. Was ist eine Mozart-Sinfonie heute eigentlich? Ich selber habe mich für alte Kunst nie interessiert, sondern nur für neue Kunst, und ich guck mir die alte durch die Augen der neuen an. Kunsthistoriker allgemein gucken sich die neue durch die Augen der alten an, deswegen geht’s ja auch oft schief. Es geht mir darum, einen intellektuellen Diskurs in Gang zu setzten, und je mehr verschiedene Dinge zusammen sind, auch in einer Ausstellung, umso größer wird natürlich diese Reibung, und genau die interessiert mich. Die Gruppenausstellungen sind extem wichtige Aspekte meiner Arbeit.
Die anhaltende Beschäftigung mit der Malerei etwa, welche Rolle spielt sie in Ihrem Programm?
Die Malerei bekam Ende der 80er Jahre wieder eine große Wichtigkeit für mich, und es gibt einen ganz bestimmten Grund warum, ich kann das an einem Beispiel klarmachen. 1990 gab es diesen finanziellen Crash im Kunsthandel. Ich war in New York in dieser Auktion, die dann sozusagen brach, Mai 1990, und danach knickten die Geschäfte so langsam ein. Das war die Zeit, als hier in Köln die sogenannte Party mit der Kunst am höchsten lief und die Arroganz am größten war. Als ich dann 1991 in New York war, machte sich die schlechte Geschäftslage inzwischen besonders bemerkbar: Plötzlich holten Händler, die sich nie mit Bildern beschäftigt hatten, alle möglichen Maler aus dem Keller und machten Gruppenausstellungen. Und glauben Sie es mir oder nicht, ich hab nur schlechte Ausstellungen gesehen, auch bei bekannten Galerien. Da ging es nur darum, zu verkaufen, nicht um eine Position oder eine Auseinandersetzung, und ich dachte: So was von schlechter Malerei, das finde ich unmöglich und das muss ich in aller Form kommentieren. Ich habe eine Ausstellungskonzeption entwickelt als Reaktion darauf und die hieß »Kinder macht Neues«. Die Ausstellung habe ich dann hier gemacht während der Documenta 1992. Ich habe zum ersten Mal eine Kritik in der FAZ bekommen, das war eigentlich ein Verriss, aber nicht im negativen polemischen Sinne, sondern eine Auseinandersetzung damit auf hohem Niveau und das fand ich natürlich ganz toll. Daraus ist eine ganze Menge entstanden, auch meine »Verteidigung« der Malerei.
Parallel zur Galerie haben Sie eine Sammlung mit 200 Werken aufgebaut. Der Galerist Ricke und der Sammler Ricke, sind das ein oder zwei Personen?
Das sind vielleicht zwei Personen, sie stehen sich manchmal im Weg. Weil der Galerist die Arbeiten braucht zum Verkaufen und der Sammler sie für sich haben will und damit natürlich die Galerie ausdünnt.
Mit der Sammlung kommen wir auch auf Köln zurück. Letztes Jahr haben Sie Ihre Entscheidung veröffentlicht, sie nicht hierher, sondern nach Nürnberg ins neue Museum zu geben – eine Strafe?
Das ist keine Strafe, aber ein Wunsch von mir, der weit zurückgeht. Für diese Arbeit hat sich hier grundsätzlich niemand interessiert von denen, die sich hätten von Berufs wegen interessieren sollen. Außer Kasper König hat sich das nie jemand gründlich angeschaut. Das war immer ein Vakuum und ich habe mal sehr früh gesagt, ich möchte unter keinen Umständen, dass auch nur ein Punkt auf einem Papier von mir hier in Köln bleibt. Und das werde ich auch so durchziehen.
Von städtischer Seite hieß es lapidar, Sie hätten ja von sich aus kein Angebot gemacht ...
Das ist diese absolute Arroganz, die diese Stadt wirklich hat. Eine ganz miese Arroganz – die darin gipfelt, dass man immer, wenn ein guter Mann geht, froh ist, dass er endlich weg ist. Was diese Stadt überhaupt nicht vertragen kann, sind Störenfriede. Aber das sind Menschen, die ihre Arbeit machen und etwas bewirken wollen. Gucken Sie mal, was beim Theater dauernd passiert, nicht nur aktuell, das geht ja wirklich schon weit zurück, als Jürgen Flimm damals in der Zeitung lesen musste, dass er hier nicht mehr gewünscht ist.
Gute Kulturpolitik allein macht keine Kulturmetropole, trotzdem: Was kann Kulturpolitik bewirken, wenn Sie z.B. die Zeit von Hackenberg damals vergleichen?
Kulturpolitik, wenn sie Fantasie hat, bewirkt eine große Offenheit, eine große Auseinandersetzung und macht Dinge möglich, die gewollt sind – eine Kulturpolitik, die sich spürbar positiv gibt, motiviert ja Leute, die kreativ arbeiten, etwas zu tun.
Konkret: Was hat Hackenberg damals anders gemacht?
Hackenberg hat sich angehört, was z.B. der Galerist Zwirner ihm erzählt hat und hat gesagt, das machen wir. Ich habe selber damals eine Ausstellung für den Bundesverband deutscher Galerien gemacht, »Kunst als Film«. Ich habe gesagt Herr Hackenberg, ich brauche Ihre Unterstützung, und er hat gesagt so viel Geld hab ich nicht, aber ich will das machen, überlegen sie sich eine andere Form. Ich bin dann wieder zu ihm und habe gesagt ok, wenn ich von Ihnen das und das Geld bekomme, gebe ich Ihnen dafür die Filme hinterher, und mit den Filmen hat er dann die Cinemathek gegründet. Das ist eine progressive, total bürokratiefreie Form, mit den Dingen umzugehen. Ich verstehe, dass so was nicht mehr geht heute, vor allem nicht, wenn ein Kulturdezernat 20 Leute hat. Aber Kultur zu machen ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern eine Frage des Bewusstseins, des Willens und eines Menschen, der sich dafür interessiert. Und die wollen hier diese Kultur einfach nicht.
Ihre Galerie bleibt aber hier in Köln?
Köln ist für mich als Galeriestandort wunderbar, auch nah zu Nachbarstädten und -ländern.
Der Kunstmarkt Art Cologne, der sie damals bewogen hat hierher zu kommen, soll jetzt mit einem neuen Direktor wieder attraktiver werden.
Die Art Cologne interessiert mich zumindest im Moment überhaupt nicht. Ich habe den Abstieg erlebt, die Höhepunkte erlebt und ich habe sie immer gerne mitgemacht, aber dieser Abstieg geht jetzt auch schon länger. Ich bin jetzt zu lange hier, ich sehe dieses ganze Dilemma und hab’ einfach keine Lust mich
da reinzupumpen.
Nach 40 Jahren: Was ist die wichtigste Eigenschaft eines Galeristen?
Die wichtigst Eigenschaft ist Seriosität – nicht nur in der Abrechnung, sondern in der Form dessen, was man anbietet. Und eine wahnsinnige Neugierde und Wachheit und Freude an diesen Dingen. Ich habe die Tage noch gesagt, das ist der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann. Diese ungeheure Pflege des Individuellen.
Galerie Rolf Ricke,
Volksgartenstr. 10, di-fr 10-13, sa 11-14 Uhr.
Aktuelle Ausstellung: David Reed, 29.10.03-20.12.03, Eröffnung 29.10.03, 18 Uhr.