Das Wunder von Köln
Jetzt aber! Die >taz köln, sie kommt wirklich: Nach einem schier endlosen Ankündigungs-Marathon erscheint am Montag, den 8. Dezember zum ersten Mal die tägliche Köln-Beilage des Berliner Blatts. Auf vier zusätzlichen Seiten berichten zwei Redaktionen in Köln und Bochum aus ganz NRW sowie speziell aus unserer kleinen Stadt. 1.000 zusätzliche Abos will die taz zum Start der neuen Beilage gewinnen – und stürzt sich so wenige Wochen nach dem Umbau ihres zweiten Hauptteils (»tazzwei«: Kultur, Gesellschaft, Sport und Medien) direkt in das nächste Abenteuer: den Kölner Medienmarkt. Im Lande DuMont’scher Monokultur ist auch eine kleine Zeitung per se eine große Alternative – und so bleibt zu hoffen, dass die eben so kreative wie krisenerprobte taz länger durchhält als ihre Vorgängerin: Die Süddeutsche Zeitung hatte im März nach nur gut einem Jahr ihre NRW-Beilage wieder eingestellt.
Zum Sparen an den Rhein
Gemischte Gefühle statt Aufbruchsstimmung herrschen in der hiesigen TV-Branche, die nach wie vor dem Oberthema »Kostendruck« gehorcht. Der Sender >n-tv, seit letztem Jahr Mitglied der Kölner RTL-Gruppe, wird einem Bericht des Berliner Tagesspiegel zufolge seinen Sitz geldsparend an den Rhein und in den Schoß der Senderfamilie verlegen. Zahlreiche Entlassungen und Kürzungen konnten den klammen News-Sender nicht aus den roten Zahlen bringen, und auch für 2003 wird ein Minus von über 20 Mio. Euro erwartet. Der Umzug in die Kölner RTL-Zentrale soll nun Abhilfe schafen.
270 Arbeitsplätze am Rhein, ein prestigeträchtiger News-Sender – der Standort frohlockt. Doch viel wird nicht übrig bleiben vom Glamour des hochwertigen Zielgruppen-TVs für Entscheider und Meinungsführer: Die Online-Abteilung wird aufgelöst, und aus dem Programm werden die profilbildenden Talkshows verschwinden. Zu teuer seien »Der grüne Salon«, »Talk in Berlin« und »Maischberger«, das voraussichtlich im Juni 2004 das letzte Mal auf Sendung geht. Stattdessen ist vor allem mit durchgesponsorten Magazinen in einem Programm zu rechnen, das zunehmend vom Personal des RTL-Muttersenders geprägt sein dürfte. So geht es dahin, das eigenständige Profil eines Senders, der sich nach dem Zusammenbruch der New Economy nie wieder richtig erholt hat.
Wider die seichte Unterhaltung
Aber auch am anderen Ende der Skala tut sich was. Produktionskosten von stattlichen sieben Millionen Euro und sagenhafte 38,5 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe – das >»Wunder von Lengede« Anfang November bei SAT.1 war auch ein Wunder von Köln. Anders als ähnliche Event-Produktionen zuvor stammte die »Real Fiction«-Produktion nämlich nicht aus der Berliner Edel-TV-Schmiede teamWorx, sondern vom Alten Militärring in Köln-Junkersdorf. Die dort ansässige Zeitsprung Film + TV Produktion zeichnete für die Produktion des starken Stücks Event-Fernsehen verantwortlich und strafte das Vorurteil Lügen, dass von Köln aus der Bildschirm nur mit seichter Unterhaltung bespielt wird. Auch das nicht minder profilierte Berliner Produktionshaus X Filme unterhält seit kurzem ein Büro in Köln. Das Unternehmen, das sich dem Vorbild des »Offenen Hauses« der legendären United Artists nachempfand und unter dessen Dach Branchen-Größen wie Tom Tykwer und Wolfgang Becker wirken, will in Köln vor allem Fernsehen und internationale Koproduktionen machen – und natürlich gern auch das ein oder andere NRW-Fördersümmchen abgreifen.
Köln überdurchschnittlich?
Köln, Berlin, München, Hamburg – es war ein bisschen still geworden um die gute alte Standort-Frage, wer denn nun >die tollste Medienstadt der Republik ist. Und mitten hinein in die vom Markt verordnete Erneuerung prescht eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young, die wieder den Finger in alte Wunden legt: »Film & Fernsehbranche. Standorte mit Zukunft?«, fragten die Berater über 400 Geschäftsführer und Firmeninhaber. Und dann, verblüffend das Ergebnis: Schwierige Zeiten, dies, nun ja. Und: In Berlin und Hamburg häufiger sinkende als steigende Umsätze, die sich in München in etwa die Waage halten. Überdurchschnittlich gut aber: die Lage in Köln, jawoll. Hier berichtete die Hälfte der Unternehmen über steigende Umsätze im aktuellen Jahr. Berlin, so ein Fazit, halten zwar sechs von zehn Unternehmern für den Medienstandort der Zukunft, doch bieten derzeit München und Köln die deutlich besseren Rahmenbedingungen.
Letztlich entscheidend für die Perspektive sei und bleibe aber die Stärke der TV-Sender, auf dass sich die um diese Sender gruppierten Zulieferunternehmen besser entwickeln können. Aha. Immer wieder lauert die Weisheit der Binse zwischen »Cluster-Bildung«, »Sale & Leaseback-Modellen« und »Media Contributions«, ganz abgesehen von zahlreichen methodischen Schwächen. »Kaffeesatz«, urteilte gnadenlos der Branchendienst epd medien über die Ernst
& Young-Studie (www.de.ey.com), die gänzlich ohne Umsatzzahlen auskommt. Die Krise macht eben auch vor Unternehmensberatern nicht halt.
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