Kultur, Kabel, Konkurrenz
Immer wenn bei einem >Kulturradio einer ARD-Anstalt irgend eine Veränderung ansteht, tönen Klagen durchs Land: Die Reformen seien dem schnöden Quotendruck geschuldet, die Kulturwellen verwandelten sich in ordinären Dudelfunk. Das Plädoyer fürs außergewöhnliche, häufig auch sperrige Kulturradio ist natürlich berechtigt in Zeiten der Rundfunkgebühren-Kürzungsdiskussion. Andrerseits bedeutet es nicht den Untergang des Abendlandes, wenn in einen Fünf-Minuten-Beitrag ein O-Ton eingebaut wird – oder die Moderatoren ein Casting durchlaufen, bevor sie eine Sendung anvertraut bekommen.
Solch ein Moderatoren-Casting hat WDR 3 in den letzten Monaten veranstaltet, zum ersten Mal in seiner Geschichte. Denn zum 1. Januar 2004 reformiert die Kulturwelle ihr Programm und weitet vor allem die beiden Prime Time-Magazine aus: »Mosaik«, das Kultur-Morgenmagazin, läuft dann von sechs bis neun, für die stärker kulturpolitisch ausgerichteten »Resonanzen« sind am Nachmittag drei Stunden von fünf bis acht Uhr reserviert. Um 20 Uhr folgt dann jeden Abend ein Konzert.
Das Tagesprogramm soll durch die Stärkung von Magazinen und Moderatoren besser »durchhörbar« werden. WDR 3 habe »eine Existenzberechtigung als Minderheitenprogramm«, erklärte Hörfunkdirektorin Monika Piel. Etwas mehr Hörer als die aktuellen 1,8 Prozent dürften es aber schon sein – darunter vielleicht sogar der eine oder die andere unter 50 Jahren.
Achtung Kabel!
Neues auch im Kölner Fernsehen: Oft wurde in den letzten Jahren von schrankenloser Programmvielfalt und Interaktivität über das breitbandige Kabel visioniert. Jetzt, nach Pleiten und Provisorien, ist es da:>Digitales Fernsehen für die Medienstadt Köln. Seit November bietet der hiesige Betreiber Ish sein neues Digital-Bouquet an, zumindest den von ish versorgten Haushalten im Linksrheinischen flatterte in den vergangenen Wochen ein Angebot für den heimischen Fernsehaltar ins Haus. Inzwischen sehen sich die Kabelnetze allerdings zunehmend von Konkurrenten umstellt: den stetig populärer werdenden Satellitenangeboten, und dem per Antenne übertragenen Digitalfernsehen DVB-T, das 2004 in NRW starten soll. Beides ist gratis zu haben, so dass man auf den Mehrwert der Kabel-Angebote gespannt sein musste.
Mit monatlich einem Euro ist die Einstiegsschwelle ins digitale Ish-Universum (»Ish Select«) angenehm niedrig – diese Lektion wurde gelernt vom Konkurrenten Premiere. Doch wie stets bei solch zackigen »ab-1-Euro«-Angeboten trügt der Schein, denn für monatliche drei Euro mitgemietet werden muss die zum Empfang nötige Decoder-Box, die (noch) nicht zum Kauf angeboten wird.
Dann aber geht’s los: Digitale Bildqualität, elektronischer Programmführer (EPG), zusätzliche Kanäle, auch internationale – ein jeder sucht sich was er will aus dem Basisangebot (»Ish Free«), und bestellt gegen Gebühr zusätzliche Programme und Pakete hinzu. Das Sahnehäubchen soll »Ish Kino« sein. Für 3,90 Euro können rund um die Uhr vorausgewählte Filme bestellt werden, entweder aus Hollywood (»arrivo«) oder Erotik (»xotix«).
Kein Weg zurück
Echte >Interaktivität gibt es aber erst mal nicht bei Ish, denn anders als in entwickelten Digital-TV-Märkten ist die Kabelbox noch nicht rückkanalfähig, d.h. via Telefonleitung mit dem Sender vernetzt. Während britische Digitalzuschauer per Fernbedienung Informationen, Spiele und Filme abrufen oder shoppen können, muss »Ish Kino« ganz herkömmlich per Telefon oder SMS bestellt werden. Auch interaktive Formate der »höheren Stufe« können bei Ish nicht angeboten werden. Das muss allerdings niemanden deprimieren, denn auch in England befindet sich die Interaktiv-Branche angesichts der Banalität der bis dato entwickelten Anwendungen im Dunstkreis von Gaming, Dating und Chatten in einer Art midlife crisis.
Umsonst ist nicht verboten
Nach Radio und Fernsehen noch eine Nachricht vom Zeitungsmarkt: Abgewiesen wurde die Klage des hiesigen >Zeitungshauses M. DuMont Schauberg, das gemeinsam mit dem Axel Springer Verlag der Ansicht war, Gratiszeitungen wie das seinerzeitige bunte 20 Minuten Köln gehörten verboten. Der Bundesgerichtshof (BGH) war anderer Meinung: Rein anzeigenfinanzierte Blätter dürfen in Deutschland als Konkurrenz zu den bestehenden Tageszeitungen verteilt werden. In der Begründung wies der BGH auf die Monopolstellung vieler lokaler und regionaler Tageszeitungen hin. Konkurrenten könnten die hohen Marktzutrittsschranken nur schwer mit eigenen Abonnement-Zeitungen überwinden, und so gebe es für sie kaum eine Alternative zur anzeigenfinanzierten Zeitung.
Zwar sei es grundsätzlich wettbewerbswidrig, eine üblicherweise gegen Geld angebotene Leistung im großen Umfang zu verschenken. Andererseits habe im Geschäftsleben niemand Anspruch auf einen unveränderten Erhalt seines Kundenkreises – nicht mal im Kölner Zeitungsgeschäft. Auch die Pressefreiheit sei hier kein Thema: Die Gefahr der Beeinflussung durch die Anzeigen schaltende Wirtschaft besteht sowohl bei rein anzeigenfinanzierten Blättern wie bei mischfinanzierten Kaufzeitungen.