Nur am Himmel ist noch Platz: Heliosgelände in Ehrenfeld | Foto: Manfred Wegener

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten

Wie offen kann eine Schule sein? Die Planungen zum Heliosgelände kommen voran

Wenn es heißt, eine Schule sei »für alle« da, bedeutet das meist: Kinder mit und ohne Behinderung lernen dort zusammen. In Ehrenfeld ist mit der »Schule für alle« aber noch viel mehr gemeint. Die Inklusive Universitätsschule, die auf dem Heliosgelände gebaut werden und im Jahr 2022 fertig sein soll, will eine offene Schule für das ganze Viertel sein. Mensa, Bibliothek, Aula und Sportflächen sollen von allen Bürgern mitgenutzt werden können, das soll die Nachbarschaft bis in die Abendstunden hinein beleben.

 

Doch schon jetzt, bevor überhaupt ein Bebauungsplan vorliegt, zeigt sich: Ganz ohne Schwierigkeiten wird dieses neue Konzept nicht durchzusetzen sein. »Es ist möglich, aber Neuland«, sagte Schuldezernentin Agnes Klein (SPD) Anfang Dezember bei einer Veranstaltung im Haus der Architektur, bei der sie und das mit der städtebaulichen Planung beauftragte Büro Ortner & Ortner Einblick in den aktuellen Stand der Entwicklungen gaben.

 

Denn eine offene Schule heißt ja auch: Es gibt keine Zäune, der Pausenhof wird öffentlich genutzt. Da gebe es noch viele Ängste, berichtet Klein: »Gehen die Leute dann einfach in die Schulen rein? Und was ist mit der Aufsichtspflicht?« Wenn man in bestehenden Schulen herumfrage, dann plädierten diese stets für ein abgeschlossenes, umzäuntes Schulgelände. Doch Klein hofft, dass Lehrer und Eltern einer neu gegründeten Schule eher für die Idee zu haben sind. Immerhin ist für die »Bildungslandschaft Altstadt-Nord« rund um den Klingelpützpark ein ähnliches Konzept vorgesehen.

 

Klar ist aber jetzt schon, dass die Öffnung der Schule nur für die Gesamtschule gilt, der Pausenhof der Grundschule wird aus Gründen der Aufsichtspflicht abgeschlossen sein. Christian Heuchel von Ortner & Ortner regt deshalb an, ihn auf dem Dach des Schulbaus unterzubringen. Dass es diese Trennung von Grund- und Gesamtschule überhaupt gibt, liegt daran, dass sich die Landesregierung weigerte, der Schule besondere Konditionen einzuräumen — ursprünglich war nämlich geplant, dass die Heliosschule ohne Wechsel der Schulform von der ersten Klasse bis zum Abitur führen wird.

 

Ortner & Ortner haben angedacht, die Schule auf einen transparenten Sockel zu stellen, in dem sich die öffentlichen Schulbereiche wie Foyer, Aula, Turnhallen, Mensa und Bibliothek befinden könnten. Außensportflächen wird es aus Platzmangel aber nicht geben. Heuchel drückt es so aus: »Da hat sich das Programm beruhigt.« Als zentralen Platz für das Quartier ist im Moment auch nicht der Pausenhof, sondern eher das Areal um den Heliosturm vorgesehen. Wie die Schule am Ende aussehen wird, darüber wird ein Architektenwettbewerb entscheiden, der erst für 2015 geplant ist. Nichts­destotrotz nimmt im Sommer 2015 der Grundschulteil der Heliosschule bereits den Betrieb auf — allerdings nicht in Ehrenfeld, sondern in der Mommsenstraße in Sülz. Dort soll die Schule bleiben, bis die Räume auf dem Heliosgelände fertig sind.

 

Zunächst haben die Ehrenfelder also noch nicht viel von der Heliosschule. Könnte es sein, dass von der Offenen Schule am Ende nicht viel übrig bleibt? Hawe ­Möllmann von der Bürgerinitiative Helios beschwichtigt: »Die Öffnung zum Stadtteil hin ist als wesentlicher Aspekt im Konzept der Inklusiven Universitätsschule auch weiterhin fest verankert.« Die Initiative verfolgt das Geschehen wachsam, denn für sie ist die Schule inzwischen zu einem Symbol geworden. Sie steht dafür, dass die Ehrenfelder ihre Nachbarschaft mitgestalten können — und den Plänen von Investoren nicht einfach ausgeliefert sind.

 

Denn hätten die Bürger sich nicht gewehrt, wäre auf dem Gelände vermutlich eine Shopping Mall von der Größe der Köln-Arcaden in Kalk entstanden. Die Unternehmensgruppe PE Ehrenfeldgürtel, der unter anderen der Bauunternehmer Paul Bauwens-Adenauer angehört, hatte das Areal 2008 erworben und zwei Jahre später Pläne für ein Einkaufszentrum publik gemacht. Daraufhin gründete sich die Bürgerinitiative Helios — und der Bezirksbürgermeister regte ein moderiertes Bürgerbeteiligungsverfahren an, das »Heliosforum«.

 

Im Zuge dessen sprachen sich die Bürger in einem »Kodex« für die Ansiedlung der Inklusiven Universitätsschule aus — auch wenn die Idee gar nicht von ihnen kam, sondern vom Schuldezernat. Sie machten aber eben auch deutlich, dass die Schule für die Nachbarschaft offen sein soll. »Wir verstehen uns als Hüter des Kodex«, sagt Möllmann — und das gilt nicht nur für die Schule, sondern für die Gestaltung des Heliosgeländes insgesamt. Vorrang von Rad- und Fußverkehr sowie öffentliche Grünanlagen soll es geben, doch wie diese angesichts des Platzmangels umgesetzt werden sollen, ist noch völlig offen. »Nach unserem Verständnis kann das auch eine vertikale Begrünung oder die Bepflanzung der Schuldachterrassen sein«, so Möllmann.

 

Text: Anne Meyer

 


Die Kölner Filmemacherin Anna Ditges hat das Bürgerbeteiligungsverfahren für das Heliosgelände mit der Kamera dokumentiert. Ihr Film »Wem gehört die Stadt? Bürger in Bewegung« hat am 1. Februar im Cinenova Premiere.

 

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