Man bleibt unter sich
In Düsseldorf hat sich eine ganz große Koalition gebildet. CDU, SPD und Grüne treten dafür ein, bei den Kommunalwahlen eine Sperrklausel in der Landesverfassung zu verankern. Die Höhe dieser Hürde ist noch nicht klar, das politische Ziel jedoch schon: Die drei Großen wollen weniger kleine Gruppen in den lokalen Parlamenten sitzen haben. Deren Arbeitsfähigkeit sei sonst beeinträchtigt, so der Tenor. Lange Sitzungen und unnötige Anträge würden zu einer übermäßigen Belastung der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker führen.
Auf den ersten Blick mag das einleuchten. Auch in Köln sitzen zehn Gruppen im Rat, da kann es schon mal dauern, bis alles von allen gesagt ist. Und selbstverständlich wären die Ratssitzungen ohne das fremdenfeindliche Lamentieren von Pro Köln oder die dümmliche Klimaskepsis der AfD-Fraktion ein angenehmerer Ort. Nur ist die Sperrklausel der falsche Weg, dies zu erreichen. Rechtspopulisten leben davon, sich zum Außenseiter zu stilisieren. Ihretwegen eine Sperrklausel einzuführen, spielt ihnen nur zu.
Man könnte sich im Rat auch einfach kürzer fassen
Des weiteren ist es fragwürdig, ob die Annahme der Sperrklausel-Fans überhaupt zutrifft. Eine Ratssitzung könnte durchaus gestrafft werden, ohne dafür die Anzahl der Ratsgruppen zu verringern. Wenn etwa ein Antrag zum geförderten Wohnungsbau eh von fast allen Gruppen beschlossen werden wird, könnte man sich auch einfach kürzer fassen. Ähnliches gilt für Anträge, die von mehreren Fraktionen gestellt werden, und zu denen sich auch noch jede beteiligte Fraktion äußern will. Auch wir Journalisten freuen uns über kurze, stichhaltige Redebeiträge im Rat ein klein wenig mehr als über ermüdenden Frontalunterricht oder das Vortragen von Spitzfindigkeiten. Gerade damit fallen übrigens besonders die Großparteien negativ auf.
Es wirkt etwas deplatziert, wenn ausgerechnet die Grünen ihre Forderung nach einer Sperrklausel mit »Kommunale Demokratie stärken« überschreiben. Wer die Demokratie stärken will, sorgt dafür, dass eine möglichst große Teilhabe herrscht — nicht nur im Rat, aber gerade auch dort. Viele kleine Ratsgruppen sind auch die Folge dessen, dass bestimmte linksliberale Positionen im rot-grünen Politikbetrieb nur auf wenig Resonanz stoßen. Die Piraten füllen die Transparenzlücke, Deine Freunde stehen für eine moderne Verkehrspolitik. Ihre Präsenz im Rat sorgt für mehr Dialog und für unorthodoxe Vorschläge. In der Flüchtlingspolitik etwa sind sich die drei Großparteien einig — die Ideen des Flüchtlingsrats nehmen sie jedoch selten auf.
Eine Sperrklausel ist daher zuerst eine Gesprächsverweigerung in einem stärker ausdifferenzierten politischem Spektrum. Der kommunalen Demokratie erweist man so — man entschuldige bitte mein Ratsreden-Deutsch — einen Bärendienst.