»Erlebnisorientiert« – Junge Rechtsextreme machen eine Demo | Foto: Manfred Wegener

Schlammschlacht am rechten Rand

»Pro Köln« und »Pro NRW« haben sich nach einem Richtungsstreit getrennt

Das Ende von »Kögida« war ein Ende ohne Schrecken. Dreizehn Anhänger der Bewegung stehen sich am 20. Mai vor dem Hauptbahnhof die Beine in den Bauch. Ein Vierzehnter darf nicht dazustoßen, weil er Stahlkappen in den Schuhen trägt. Nach anderthalb Stunden ist Schluss: Die Polizei hatte freundlich von einem Demonstrationszug durch das Kölner Bankenviertel abgeraten.

 

Die Trennung der rechtsextremen »Bürgerbewegung Pro Köln« und »Pro NRW« erinnerte dagegen an eine Celebrity-Scheidung. Am Mittwochmorgen, dem 15. Mai um 3.03 Uhr, geht eine E-Mail bei der StadtRevue ein. Absender ist ein Account namens »Pro Leaks«. Enthalten waren »interne Dokumente« des Machtkampfs innerhalb der Pro-Bewegung, es geht um den »alleinigen Führungsanspruch des Vorsitzenden Markus Beisicht und die weitere inhaltliche Ausrichtung«. Es gebe einen Konflikt zwischen Markus Wiener (Pro Köln) und Wolfgang Palm (Aachen) auf der einen Seite sowie Pro-NRW-Chef Markus Beisicht auf der anderen Seite. Beisicht weigere sich, den Einfluss von Dominik Roeseler, dem Anmelder der Hogesa-Demo vom vergangenen Herbst, zurückzudrängen. Angehängt war zudem ein Protokoll, aus dem hervorgeht, dass Wieners Mitgliedschaft bei Pro NRW ruhen solle.

 

Um 11.17 Uhr des selben Tages kommt eine offizielle Presse-Mail von Pro NRW. Darin wird ein »Signal der Geschlossenheit« verkündet, unterzeichnet von Tony-Xaver Fiedler, dem ehemaligen Fraktionsmitarbeiter von Pro Köln, der mittlerweile Generalsekretär bei Pro NRW ist. Drei Minuten später, um 11.20 Uhr, spricht Pro Köln in einer Pressemitteilung von einem »politischen Amoklauf von Markus Beisicht«, der einen »deutlichen Rechtsschwenk von PRO NRW in Richtung einer NPD 2.0« betreibe.

 

Ein paar Tage später, am 18. Mai, wiederholt sich das Spiel. 10.06 Uhr: Die Pro-Köln-Ratsfraktion, also das Paar Judith Wolter und Markus Wiener, verkündet den Austritt bei Pro NRW. 10.56 Uhr: Pro NRW spricht von inhaltlichen Differenzen »über den Umgang mit den Verantwortlichen des Kölner Sitzungsgeldskandals«. Er habe immer »für einen radikalen Neuanfang« plädiert, so Pro-NRW-Chef Markus Beisicht. Will heißen: Weil Wiener wegen zu Unrecht erhaltener Sitzungsgelder 2000 Euro Geldstrafe zahlen muss, ist er untragbar geworden.

 

Mitte Juni meldete Pro NRW dann die Gründung des Kreisverbands Köln. Dessen Vorsitzender soll ein langjähriger Kommunalpolitiker sein, »der mehrere Jahre für eine der Altparteien in der Bezirksvertretung Mülheim tätig war«. Das Blog »Bergische Stimme« identifizierte diesen als Christian Olthoff, der für die Grünen von 2009 bis 2011 in der Bezirskvertretung Köln-Mülheim saß. Damit ist der Bruch mit Wiener und Wolter endgültig vollzogen.

 

Was auch immer die Gründe für die Trennung sein mögen, Wieners Distanzierung von der neuen Hooligan-Anhängerschaft der Pro-Bewegung ist nicht sonderlich glaubwürdig. Im vergangenen Herbst bezeichnete der Pro-Köln-Mann die Reaktion auf die Hogesa-Demo im Rat der Stadt als »hysterischen Popanz« und erklärte, dass er das Anliegen der Demonstration teile. Fakt ist aber auch, dass Wiener keinen Einfluss auf die neue Anhängerschaft von Pro NRW hat. Beim Demonstrationszug durch das menschenleere Bankenviertel im Januar marschierte Wiener mit den Pro-Köln-Anhängern hinter dem Hooligan-Block. Sein Kölner Konkurrent Tony Xaver Fiedler gehört dagegen zur jüngeren Generation von Pro NRW, die offen den Kontakt zum rechtsradikalen Milieu sucht. Sie rekrutieren damit den Nachwuchs für die alternde Pro-Bewegung. Während das Durchschnittsalter im Pro-Köln-Abschnitt der Kögida-Demos bei etwa 50 Jahren gelegen hat, sind die Nazi-Hools der Pro-Bewegung jünger und »erlebnisorientierter«. Für Pro-NRW-Chef Beisicht, dessen Kanzlei in der Vergangenheit immer wieder Mitglieder des rechtsradikalen Spektrums vertreten hat, stellen sie potenzielle Klienten dar. Das Bündnis »Kein Veedel für Rassismus« vermutet jedoch, dass die Attacke gegen Wiener nur das Vorspiel für einen innerparteilichen Angriff auf Markus Beisicht selbst sei. Denn sein »diktatorischer Führungsstil« habe immer wieder zu Problemen geführt.  

 

Ebenso ungeklärt wie die Zukunft Beisichts ist jedoch die zukünftige Strategie von Pro Köln. Ohne einen Landesverband dürfte ihnen kaum eine größere Mobilisierung gelingen. Ihr Auftreten im Rat der Stadt ist seit dem Ausscheiden des wegen Betrug. verurteilten Jörg Uckermann auch kleinmütiger geworden. Hinzu kommt, dass die AfD-Fraktion sich öffentlich weiter nach rechts orientiert. Mitte Mai verhinderte eine Kündigung der Räume durch die Betreiber eine öffentliche Veranstaltung mit den beiden AfD-Rechtsaußen Markus Pretzell und Beatrix von Storch. Kurz zuvor hatte sich AfD-OB-Kandidat Hendrik Rottmann bereits mit Frauke Petry, der führenden Vertreterin des rechten Parteiflügels, fotografieren lassen. Und AfD-Ratsherr Roger Beckamp klagte, dass der Sozialhaushalt zum »Opfer der ‚Flüchtlings‘-Lobby in Stadt und Verwaltung geworden« sei. Solche Töne sind neu für die Kölner AfD, die bei der vergangenen Kommunalwahl neben Nichtwählern besonders ehemalige Anhänger von CDU und SPD angesprochen hat.

 

Auch wenn die Tage von Pro Köln gezählt sein dürften, gilt das nicht für das rechtspopulistische Potenzial in Köln.