Nach stapeln sich hier Autos hinter Waschbeton, demnächst dann Touristen hinter Wettbewerbssiegerfassade: das Parkhaus an der Cäcilienstraße | Foto: Manfred Wegener

Legebatterie statt Parkhaus

Es geht immer noch schlimmer: Anstelle eines Spielcasinos errichtet der Baukonzern Hochtief nun ein Billig-Hotel an der Cäcilienstraße

Von einer »1a-Lage« war die Rede, von der »Schauseite der Stadt«. Und dass sich dort ein »architektonischer Paria« erdreiste, ein »Filetgrundstück« zu besetzen — gemeint war das Parkhaus im Waschbetonstil an der Cäcilienstraße. Kaum rückte der Ablauf des Mietvertrages mit dem Betreiber näher, schossen sich Stadtplaner und Politiker auf die Bausünde ein. Da die Nord-Süd-Fahrt offenbar nicht unter die Erde zu legen ist, sollte wenigstens die Garage als Menetekel der autogerechten Stadt abgeräumt werden. Gleichzeitig reiften die Träume. Nur das Beste sollte es sein. Den Königsweg sah die feinsinnige Mittelschicht in einer kulturellen Nutzung. Ein Neubau für die Stadtbibliothek! Oder zumindest Kultur in den oberen Etagen! Auf jeden Fall sollte der Via culturalis, diesem Passionsweg kulturaffiner und touristischer Schöngeister, ein weiteres Kleinod hinzugefügt, das Agrippaviertel mit Schnütgen- und Rautentrauch-Joest-Museum weiter aufgewertet werden.

 

Die Politik träumte dagegen wie Dagobert Duck mit offenen Augen und Euro-Zeichen darin: Ein Spielcasino der Westspiel GmbH musste her. Die Lizenz zum Gelddrucken hatte die Landesregierung NRW schon erteilt. Fünf Millionen Euro Einnahmen pro Jahr für die Stadt — mindestens — leuchteten als pekuniäre Fata Morgana am Horizont. Da war dem politischen Fußvolk der Stadt nichts zu schade. Das Casino wuchs sich zur Fünf-Sterne-Mautstelle für spielsüchtige Jetsetter aus. Und weil dieser Traum immer geldgieriger wurde, verscherbelte die Stadt auch noch das Grundstück für sieben Millionen Euro an den Baukonzern Hochtief. Mit dem Auftrag, eben in jener »1a-Lage« im Einvernehmen mit der landeseigenen Westspiel GmbH ein Casino zu bauen. Die aber zierte sich, zögerte, prüfte und sagte schließlich: Nein! Nun endlich war der Weg frei für den globalen Baukonzern, zu zeigen, dass ihn 1a-Lagen und städtische Belange einen Dreck interessieren. Die Kasse muss stimmen. Anstelle des Parkhauses entsteht jetzt eine Tiefgarage mit 363 Stellplätzen und einem angeschlossenen »Motel One«.

 

Es gehört zum Geschäftsprinzip von Motel One
Innenstädte zu verschandeln

 

Wenn die DDR-Plattenbauten »Fickzellen« waren, wie der Schriftsteller Heiner Müller meinte, dann ist das Motel One eine architektonische Legebatterie für Touristen. Was das bedeutet, lässt sich am Waidmarkt ablesen: ein Gebäude als planerische Backmischung mit Fassaden-Geschmacksverstärker. Aber wir wollen nicht ungerecht sein. Hochtief veranstaltet einen Architekturwettbewerb — für die Fassade. Da die Stadt das schnelle Geld wollte, bekommt sie jetzt die Quittung: einen Potemkinschen Bau ohne jede Substanz und nach Waidmarkt und Mediapark das bereits dritte Motel One in Köln. Es gehört zum Geschäftsprinzip der Motel-One-Gruppe, vor allem Innenstadtlagen zu verschandeln. Das groteske Sahnehäubchen: Der Betreiber des Parkhauses, dessen Vertrag die Stadt nicht verlängert hat, ist in Zukunft für die neue Tiefgarage zuständig. So schließt sich am Ende der Kreis.