Immer mehr Kinderwagen: Stefan Meschig, Carolina Brauckmann, Beate Blatz | Foto: Manfred Wegener

»Wir waren die Coming-out-Maschine von Köln«

Das Rubicon, Kölns Beratungsstelle für Lesben und Schwule,

feiert 40-jähriges Jubiläum

 

1975 wurde der Vorläufer des Rubicon, das »glf Sozialwerk« gegründet. Wenige Jahre zuvor konnte man für schwulen Sex noch ins Gefängnis kommen. Heute ist Köln offiziell »Rainbow City« und wirbt damit, eine der größten lesbisch-schwulen Communitys in Deutschland zu beheimaten. Was heißt das für die Aufgaben des Rubicon?

 

Stefan Meschig: In der Beratung konzentrieren wir uns auf Lesben und Schwule, die besondere Hilfe brauchen. Zum Beispiel, weil sie einen Einwanderungshintergrund haben oder eine Behinderung. Oder wir beraten Menschen, die auf dem Trans-Weg sind, ihren Körper also ihrer gefühlten Geschlechts-identität anpassen wollen. Unsere psychosoziale Trans-Beratung hat einen enormen Zulauf.

 


Früher war Ihre Hauptaufgabe die Hilfe beim Coming-out. Ist die heute noch gefragt?

 

Stefan Meschig: Wir waren die Coming-out-Maschine von Köln! Auch heute kommen deswegen noch junge Leute in die Beratung, aber die Elternhäuser reagieren inzwischen häufig mit mehr Verständnis. Trotzdem gibt es immer noch heftigste Fälle, gerade bei spätem Coming-out. Der älteste, den ich in der Beratung hatte, war über 70. Ein anderer Mann, um die 50, ist mir hier mit einer Panikattacke zusammengebrochen. Es gibt immer noch bestimmte Milieus mit geschlechterstarrem Denken — Sportvereine, Feuerwehr, Schützenvereine — , und zwar mitten in Köln.

 

Carolina Brauckmann: Es gibt aber auch einen neuen Beratungsbedarf — aus einer Stärke heraus! Lesben und Schwule können Lebenspartnerschaften eingehen. Sie gründen Familien. Dass sich freitagnachmittags hier die Kinderwagen stauen, weil sich Regenbogenfamilien treffen, hätten wir früher nicht für möglich gehalten. Das war damals gar kein Lebensentwurf! Klar, die Gleichstellung mit Hetero-Familien ist noch nicht in vollem Umfang erreicht, aber es ist schön, diese Erfolge zu sehen.

 


Das Angebot des Rubicon ist spezialisiert, unter anderem gibt es mehr als 15 selbst organisierte Gruppen: von den Seniorinnen »Golden Girls« über Schwule mit Missbrauchserfahrungen in der Kindheit bis zur internationalen Gruppe »Baraka«. Kann es da noch so etwas wie eine gemeinsame Kultur geben?

 

Beate Blatz: Da gibt es Unterschiede zu früher. Als wir unseren Sitz noch im SCHULZ, dem damaligen Schwulen- und Lesbenzentrum an der Bismarckstraße, später in der Südstadt, hatten, wo es auch eine Kneipe, Konzerte und Partys gab, lief die Beratung manchmal quasi über die Theke hinweg.

 

Stefan Meschig: Die Entwicklung hat aber auch was Gutes: Viele Veranstaltungen sind an unterschiedlichen Plätzen der Stadt angekommen. Homosexuelle und queere Kultur ist selbstverständlicher geworden. 

 


Beate Blatz ist Geschäftsführerin des Rubicon e.V.
Carolina Brauckmann ­koordiniert die Öffentlichkeits- und ­landesweite Senior_innenarbeit.
Stefan Meschig gehört zum psychosozialen Beratungsteam und ist zuständig für Konzeption und Projektentwicklung.

rubicon-koeln.de