Bleibt noch etwas länger vakant: Arbeitsplatz des OBs im Rat

Manöver für Kurzsichtige

Die Entscheidung, die OB-Wahl zu verschieben, ist richtig. Trotzdem war es zuallerst ein Wahlkampfmanöver.


Natürlich war es schlicht notwendig, die OB-Wahl zu verschieben, nachdem die Bezirksregierung Zweifel an der Gültigkeit der Stimmen angemeldet hat. Aber es war auch die richtige Entscheidung. Egal welcher Kandidat der Wahlverlierer sein wird – man darf davon ausgehen, dass er mindestens einen klagefreudigen Parteigenossen hat, der das Ergebnis der Wahl angefochten hätte.


Denn bereits bei den ersten Meldungen über die Bedenken der Bezirksregierung befanden sich alle Beteiligten im Wahlkampfmodus. Jochen Ott forderte mit gewohnt markigen Worten ("Es kann nicht sein...") eine Verschiebung der Wahl, während Henriette Reker in ihrer etwas umständlichen Art sagte, dass die SPD an allem Schuld ist. "Diese Stadt braucht ein professionelles Management unter Führung einer unabhängigen, parteilosen und erfahrenden (sic) Verwaltungsexpertin", postete sie auf Facebook.


Blöd nur, dass dies keinen Sinn ergibt. Die Wahlzettel wurden von der Bezirksregierung Köln, also einer Landesbehörde, beanstandet. Mit einer kurzen Unterbrechung in der Ära von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), als Hans-Peter Lindlar (CDU) von 2005 bis 2010 Regierungspräsident war, wurde diese seit 1967 von SPD-Mitgliedern geführt. Wahlleiterin Agnes Klein (SPD) ist also von der Behörde ihrer Parteigenossin Gisela Walsken zurückgepfiffen worden – hier spielt das Parteibuch der Beteiligten offenbar nur eine untergeordnete Rolle.


Sehr wohl eine Rolle spielt es aber in der Vorgeschichte zur Affäre um das Kleingedruckte auf den Kölner Wahlzetteln. Erst nachdem sich CDU-Chef Bernd Petelkau laut über die Schriftgröße auf den Zetteln beschwerte, fiel der Bezirksregierung die Regelwidrigkeit auf. Durch seinen Vergleich der OB-Wahlzettel mit den Wahlmanipulationen der Nazis hat er sich dennoch endgültig für jedes höhere Amt in dieser Stadt disqualifiziert. Die Grünen werden sich hoffentlich nun fragen, ob es wert war, mit diesem Menschen gemeinsam eine Kandidatin aufzustellen. Schließlich hat er allen Beteiligten auch noch bis zu fünf zusätzliche Wochen Wahlkampf eingebrockt.


Es wäre leicht, über diese Vorgänge zynisch zu werden. Man kann es niemandem verdenken. Aber es zeigt auch, dass Politik halt immer das Durchsetzen von Interessen bedeutet: bei Kandidaten mit Parteibuch ebenso wie auch bei denen ohne. "Unabhängigkeit" ist noch kein politisches Programm. Es ist ein Wahlkampfslogan.