Koli-Bakterien, Zelte und Spenden
Wie kann man Flüchtlingen helfen?
Es gibt verschiedene Wege, am besten aber durch Spenden. Das Deutsche Rote Kreuz betreut die Flüchtlingsunterkünfte der Stadt, die Johanniter sind für die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes auf dem Parkplatz in Chorweiler zuständig. Es ist aber sinnvoll, sich vorher zu informieren, was benötigt wird. Wer sich ehrenamtlich engagieren möchte, nimmt am besten Kontakt zu einer der Willkommensinitiativen in den einzelnen Veedeln auf, die von der Begleitung bei Behördengängen und Arztbesuchen bis zu Deutschkursen wichtige Hilfe vor Ort leisten. Mehr Informationen: stadtrevue.de/refugeeshelfen
Gibt es inzwischen einen kommunalen Masterplan zur Flüchtlingsunterbringung?
Nein. Zwar fordert Sozialdezernentin Henriette Reker diesen schon länger, hat ihn aber auch erst für die Zeit nach einer möglichen Wahl als Oberbürgermeisterin angekündigt. Auch die Mindeststandards, die der Rat schon im März 2015 beschlossen hat, sind bislang von der Verwaltung nicht formuliert, geschweige denn umgesetzt worden. In der letzten Ratssitzung im September forderten deshalb Linke, Piraten und Deine Freunde, dass die Flüchtlingspolitik in einem eigenen Amt gebündelt wird. Sowohl Reker als auch ihr Gegenkandidat Jochen Ott haben solchen Plänen aber eine Absage erteilt.
Vor vier Wochen hat das Land als Notunterkunft ein Zelt-Lager in Chorweiler errichtet. Wie sieht es dort aus?
Seit Mitte September ist die Zelt-Stadt mit rund 900 Menschen ausgelastet, allerdings gab es zu Beginn große Mängel: Im Wasser sind Koli-Bakterien gefunden worden, ein Erreger, der Durchfallerkrankungen verursachen kann. Für die Bewohner standen nur 16 Duschen bereit, ein Sicherheitsdienst, der auf die Geschlechtertrennung achtet, wurde bis dato nicht eingesetzt. Auch müssen Bewohner oft viel zu lange auf die dringend nötige Röntgenuntersuchung warten, die direkt nach Ankunft durchgeführt werden soll, um Tuberkulose auszuschließen. Zum Teil sind sie nach Wochen noch nicht untersucht. Zudem existierte die ersten Wochen für Kinder und Jugendliche — etwa ein Drittel — zwar ein Aufenthaltszelt, jedoch keine Betreuung oder pädagogisches Angebot. Ein Willkommensfest wurde wegen Überlastung abgesagt.
Stellt die Stadt auch bald Zelte für die Flüchtlinge auf?
Wenn es nach dem Willen des Rats geht, dann nicht. Fast alle Parteien haben die Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten, wie sie das Land NRW in Chorweiler aufgestellt hat, abgelehnt. Stattdessen werden andere Maßnahmen diskutiert. Michael Paetzold von der SPD brachte im September etwa die Beschlagnahmung von leerstehendem Wohnraum ins Spiel, die bislang aus Angst vor langwierigen Gerichtsverfahren nicht angewendet wird. »Ich bin gespannt, welcher Richter Flüchtlinge im Winter in Zelte schicken würde«, erklärte er im Rat. FDP, CDU und AfD lehnen die Beschlagnahmung von privaten Gebäuden ab. Woanders wird dies aber schon praktiziert. In Berlin hat die schwarz-rote Koalition Mitte September ein leerstehendes Bankgebäude beschlagnahmt, um daraus eine Erstaufnahmestelle zu machen.
Der Bund hat zugesagt, den Kommunen 2016 drei Milliarden Euro zusätzlich zu geben. Reicht das?
Nein. Die Summe hört sich erstmal nach viel an, doch in Nordrhein-Westfalen kommen davon nur 600 Millionen Euro an, während das Land allein schon 1,7 Milliarden für Flüchtlinge ausgibt. Nach Aussage der Kölner Stadtverwaltung erhält die Stadt pro zugesagter Milliarde vom Bund gerade einmal etwa 5,9 Millionen Euro.
Wie sieht‘s bei der medizinischen Versorgung aus?
Bisher müssen Flüchtlinge erst zum Sozialamt gehen und sich dort einen Krankenschein abholen, bevor sie einen Arzt aufsuchen können. Den Schein erhält der behandelnde Arzt, hinterher zahlt die Behörde gegen Vorlage die Arztrechnung. Dieses komplizierte System wird aber bald abgeschafft: Am 10. September hat der Rat der Stadt beschlossen, einer Rahmenvereinbarung vom Land NRW und den Krankenkassen beizutreten, so dass Flüchtlinge in Köln eine Gesundheitskarte bekommen können. Doch wann die Flüchtlinge die Karte tatsächlich in den Händen halten, ist offen: Da es um ein Landesprojekt geht, müssen noch diverse Ratsbeschlüsse anderer Kommunen abgewartet werden. Dann muss das Land noch festlegen, welche Krankenkasse mit welcher Kommune kooperiert — und ab diesem Zeitpunkt braucht es noch etwa drei Monate bis zur Umsetzung.