»Eisiger Wind auf der Domplatte«

Die Initiative »Bundeswehr wegtreten« veröffentlicht einen Atlas zum Militär in Köln. Mitherausgeberin Paula Keller im Gespräch

 

Frau Keller, Sie sagen die Militärpräsenz in Köln sei groß. Wieso bekommt man davon so wenig mit?

 

Die Verbindungen sind oft unauffällig. Aber Köln ist nach Wilhelmshaven und Koblenz der drittgrößte Bundeswehrstandort in Deutschland. Es gibt viele Unternehmen und Institutionen, die mit der Bundeswehr zusammen arbeiten und damit unterschwellig Krieg unterstützen. Die Sporthochschule zum Beispiel bekommt einen großen Teil ihrer Gelder durch Forschungsaufträge der Bundeswehr. Jedes Jahr wird von der katholischen Kirche zum -Soldatengottesdienst im Dom eingeladen. Viele Straßen und Plätze in Köln sind dem Militär gewidmet. Hunderte preußische Generäle sind hier verewigt. Mit dem Atlas wollen wir den Leuten die Augen öffnen.

 

 

Was tun Sie sonst noch als »Bundeswehr« wegtreten?

 

Beispielsweise stehen wir jedes Jahr im Januar auf der Domplatte und protestieren gegen den Soldatengottesdienst. Dieses Jahr hatten wir mit Schildern an den Bundeswehrskandal 2009 in Kundus erinnert, bei dem rund 140 Zivilisten gezielt durch einen Bombenangriff starben. Ich hielt Schilder mit den Namen der Toten hoch, als ein Soldat zu mir kam und sich bedankte, dass wir an dieses Ereignis und die Opfer erinnern. Das hat mich sehr berührt und gezeigt, dass wir mit unseren Aktionen die Richtigen erreichen. 

 

 

Dieses Jahr hat zum ersten Mal der Erzbischof Rainer Woelki, der ja als liberaler als sein Vorgänger gilt, den Soldatengottesdienst abgehalten. Hat sich dadurch etwas verändert?

 

Wir hatten ihn in einem Brief aufgefordert den Gottesdienst nicht abzuhalten und stattdessen lieber Flüchtlinge zu einem Fest im Dom einzuladen. Der Gottesdienst fand statt. Aber Kardinal Woelki hat im Gegensatz zu seinem Vorgänger klare Worte gegen Krieg gefunden. 

 

 

Früher haben mehr Menschen gegen Bundeswehr und Krieg protestiert. 

 

Ich denke, das Interesse flacht ab, wenn über Jahrzehnte das gleiche gefordert wird. Anfangs waren viel mehr Leute dabei. Es ist ein gesellschaftliches Phänomen, dass keiner schreit, oder nur wenige, obwohl es noch nie so viele Kriegs- und Brandherde auf der Welt gab wie im Moment. Viele sind in Arbeit und Familie eingespannt, haben keinen Nerv sich zu engagieren. Außerdem weht Anfang Januar ein eiskalter Wind auf der Domplatte. Das ist nicht sehr einladend. Das kann ich schon nachvollziehen.

 

 

Der Atlas kostet 5 Euro, zu bestellen über paulilula@gmx.de.

Weitere Infos auf bundeswehr-wegtreten.de