Indie – Made in Köln II
Von Spar
Das Studio als Instrument: Damit ist gemeint, dass Komponieren, Spielen und Aufnehmen nicht mehr eindeutig voneinander zu trennen sind. Das unterscheidet sich von der Standardsituation, wo man mit vorbereiteten Songs in ein Aufnahmestudio geht. In unserem Studio ist der Ausprobier-Moment gleichzeitig ein Recording-Moment, der auch ein Mixing-Moment ist. Musik machen ist für uns ein einheitlicher Prozess, den wir bewusst so angestrebt haben. Das ist nichts besonde-res, sondern mittlerweile bei vielen Bands der Fall. Es ist die effektivste Arbeitsweise. Was stattgefunden hat, ist eine Demokratisierung von Produktionsmitteln, jeder Ton ist im Prinzip gleich wichtig, jede Aufnahmetechnik ist er-laubt, die Mittel, um Songs aufzunehmen, sind einfacher handzuhaben. Es ist auch nicht mehr so teuer: Wir können im Prinzip jeden Tag an unseren Songs arbeiten, in einem klassischen Recordingstudio wäre das unmöglich, weil es unbezahlbar ist.
Jan Philipp Janzen
Lingby
Man hat ganz viel im Kopf, aber wenn man in -den Proberaum kommt, kommt doch was anderes raus. Am besten wäre ein Aufnahmegerät, das direkt die Gedankenströme aufnimmt. Manchmal ist es ein Satzfetzen, der einen Song inspiriert oder eine Stimmung oder auch eine technische Sache: Ich sitze am Klavier und neh-me mir vor, einen rhythmischen Song mit vielen Taktwechseln zu schreiben, und ich probiere dann so lange rum, bis es mir gefällt. Melodie und Text und auch das rhythmische Grundgerüst eines Songs entstehen im stillen Kämmerlein, aber im Proberaum verändert er sich noch mal gründlich, weil wir ihn uns zu fünft er-ar-bei-ten, jeder seinen Beitrag leis-tet und der Song am Ende allen gefallen muss. Wir proben sehr häufig, um uns auf die Auftritte vorzubereiten und auch weil wir über das Jahr doch einige neue Songs schreiben. Außerdem sind wir alle miteinander befreundet, es ist uns sehr wichtig, dass wir uns regelmäßig sehen und hören.
Willi Dück, Judith Heß, Carmen Heß
Lauter Bäumen
Jeder bringt Ideen mit, aber die Arbeit beginnt dann erst. Die Songs entstehen durch stupides Widerholen. Man trifft sich, spielt immer wieder dieselben Ideen durch, presst sie regelrecht in eine Form. Wenn uns im Proberaum spontan Einfälle kommen, nehmen wir die auf. Das ist ein ganz wichtiger Moment: Dass man dieses Spontane auffängt, damit es nicht verloren geht. Wir hören die Bänder hinterher ab, schreiben die Melodien raus, proben sie, und am Ende steht der Song. Wir haben früher jede Probe aufgenommen, weil die Gefahr zu groß gewesen wäre, dass man was vergisst. Momentan haben wir ein Programm von 15 Songs, die beruhen auf dieser frühen Arbeit. Texte und Melodien folgen einer Art Cut-Up-Ästhetik. Es sind lauter kleine -Ele-men-te, die wir Stück für Stück zusammensetzen. »Hey Leute, ich habe einen Song geschrieben« das kommt bei uns nicht vor. Dazu sind wir zu wenig »musi-ka-lisch«. Wir verstehen uns eher als Handwerker.
Michael Kolepke