Phönix aus der Asche
Dieser Vorgang verdient Ausrufezeichen! Der städtebaulich wie kulturpolitisch zweifelhafte Abriss der Josef-Haubrich-Kunsthalle hat, neben dem Spott in der internationalen Presse, für Köln etwas verschütt Geglaubtes hervorgebracht. Spätestens mit der erfolgreichen Benefizauktion für die nur kompliziert klingende Idee »Europäische Kunsthalle Köln« und mit dem erlösenden Fakt von eingespielten 360.000 Euro war es wieder da, das Kölner Selbstverständnis der Kulturschaffenden, an einem internationalen Knotenpunkt teilzuhaben. Die zum »Lochmonument« gewordene alte Kunsthalle, in der auch die Kunstmesse ihren damals kontroversen Anfang nahm, verleiht nun den Aktiven der Stadt ein zunächst auf zwei Jahre bemessenes und vor allem selbst gestelltes Kunstexperiment mit weiter Perspektive.
Ob gleichzeitig die geplante städtische Kunsthalle im Kulturzentrum am Neumarkt ein Papiertiger bleibt – ohne szene-gewachsenen Rückhalt, ohne Konzeptidee und weiter ohne Etat – oder ob die Stadt sich doch eine Austragungshalle leistet für abgehangene Kulturevents, ficht den Initiationskreis der wieder erstarkten Kölner Kultur nicht an. Nach ihrer längeren Phase der eingestandenen Orientierungslosigkeit ist die lokale Selbstgefälligkeit aufgebrochen. Die Kölner Kunstszene hat sich klugerweise ein virtuelles Zentrum des Selbstvertrauens erschaffen. Die fulminante Selbsterfindung, die aus der künstlerischen Protestbewegung zum Erhalt der Josef-Haubrich-Kunsthalle erwuchs und sich mit der erfolgreichen Mobilisierungsarbeit durch »Das Loch e.V.« weiter entwickelte, erzeugte eine unerwartete, kulturelle Energie in der Dommetropole – die Überschaubarkeit der Kölner Situation war hier von Vorteil. Das ungebundene Begehren ist wieder entdeckt, die Freude am eigenen, paradoxen Tun!
Die letzte öffentliche Versammlung vor den Berufungsgesprächen für die Leitungsposition im Kinosaal des Museum Ludwig am 1.3. rief die Auswahljury noch einmal eindringlich zur echten Alternative auf. Das Loch e.V. hat mit ihrem virtuellen Ansatz, ohne Haus und ohne inhaltliche Vorgaben neue Konzepte der Bewerber und Bewerberinnen anzufragen, ihre fantastische Stärke erlangt. Die neu gekürte Leitung kann längstmöglich frei von den Ansprüchen einer schon zu Ende formulierten Kulturinstitution ungewöhnliche Möglichkeiten versuchen, unbeeindruckt bleiben von Prestigeverpflichtungen, die die Parteienpolitik gerne sehen mag, unbeschränkt von den spartentypischen Einengungen lokal und international auf sich aufmerksam machen – und Köln auf die Landkarte des künstlerischen Experiments zurück führen. Gratulation an alle Aktiven und die neugewählte Gründungsdirektion – bei Redaktionsschluss noch ein N.N.
P.S. Inzwischen wurde Nikolaus Schafhausen, derzeit noch Leiter des Frankfurter Kunstvereins, zum Direktor berufen.