Ruinen in Downtown
Es war eine schleichende Begriffsverschiebung: Nur zu Beginn sollte Köln einmal ein Jüdisches Museum bekommen. Dann bestand die Stadt auf einer Verbindung mit der Archäologischen Zone. In der Dokumentation des Architektenwettbewerbs hieß es schon unmissverständlich »Archäologische Zone & Jüdisches Museum Köln«. Wer die Homepage der Kölner Museen anklickt, kann schon am unterschiedlichen Schriftgrad erkennen, dass sich die Judaica unterzuordnen haben. Und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) spricht von der »Archäologischen Zone mit Jüdischem Museum Köln« (AZ/JM). Nur aufgrund dieser Verschiebung hat sich der LVR 2013 vermutlich entschlossen, Trägerschaft, Betrieb und Konzeption des zukünftigen Museums zu übernehmen — während die Stadt Köln den Bau realisiert und Eigentümerin bleibt. Ende 2018 soll die schlüsselfertige Übergabe stattfinden.
Seit vergangenem Monat hat das Museum mit Thomas Otten einen Gründungdirektor, der inzwischen sein Konzept vorgestellt hat. Otten saß lange im wissenschaftlichen Beirat der AZ/JM und hat 2011 in der StadtRevue die Stadt Köln für ihre Laxheit beim Ausstellungs- und Kommunikationskonzept gerügt. Er macht im Gespräch keinen Hehl daraus, dass erst die Übernahme durch den LVR für ihn den Ausschlag gegeben habe. Otten kommt aus der klassischen Archäologie mit Schwerpunkt Spätantike und Frühmittelalter. Mit Judaica hatte er bisher nichts zu tun: »Ich bin erst mit dem Projekt zur Jüdischen Archäologie und Geschichte gekommen.« Er spricht von einer »Herausforderung« und hat sich deshalb die Judaistin Christiane Twiehaus vom LVR ins Team geholt. Die Konzeption des neuen Museums wurde bisher von Martin Müller, dem Direktor des Archäologischen Parks Xanten, entwickelt. Seit November 2015 ist Otten mit im Boot. »Die Konzeption ergibt sich aus den Befunden und der Archäologie des Ortes«, sagt der neue AZ/JM-Chef. Es soll ein großes historisches Intro geben. Im Zentrum steht der Rundgang im Untergeschoss durch das römische Praetorium, das mittelalterliche jüdische Viertel und das christliche Goldschmiedeviertel, die mit einem 250 Quadratmeter großen Austellungsparcours gekoppelt sind. Hinzu kommen Wechselausstellungen im Obergeschoss sowie Veranstaltungen, in denen die jüdische Geschichte und Kultur bis heute präsentiert werden soll. Otten will dabei eng mit dem NS-Dokumentationszentrum, dem Römisch-Germanischen Museum und dem Stadtmuseum zusammenarbeiten. Wie sich das in konkrete Ausstellungsvorhaben umsetzt, muss man abwarten. Deutlich wird aber, dass der mutwillig verkleinerte Bau des Architekturbüros Wandel Lorch jetzt schon aus allen Nähten platzt: Vortragssaal, Museumspädagogik und Lagerraum finden im Untergeschoss des Rathauses Platz. Als Veranstaltungsraum ist der Stiftersaal des Wallraf-Richartz-Museums im Gespräch.
Und Otten samt Team sollen ins Haus Neuerburg ziehen. Köln ohne selbst verschuldete Provisorien, das ist einfach undenkbar.