Terry Eagleton: »Der Tod Gottes und die Krise der Kultur«
Gott ist tot, behauptet der Atheismus. Aber selbst Nietzsche, der die Urheberschaft darauf für sich geltend macht und dessen Werk Bekennerschreiben in diesem Mordfall ist, empfindet eine Bürde: Wer tritt dann an Gottes Stelle? Der englisch-irische Kulturtheoretiker Terry Eagleton analysiert im gelehrten Plauderton all die »Platzhalter«, die von Atheisten seit der Frühaufklärung eingesetzt wurden: die Vernunft, die Kunst, die Kultur, die Nation, natürlich auch Nietzsches Phantasmagorien vom Übermenschen. Eagleton weist dabei nach, wie religiös all diese Gottesleugnungen strukturiert sind. Aber nichts, so Eagleton, konnte bislang die spirituelle Leere füllen, auch nicht der Marxismus — und das ist für einen marxistischen Kulturtheoretiker erstaunlich. Eagleton schreibt klug und elegant, dabei schärft er auch den Blick auf den Kult der Naturwissenschaften, wie ihn der Neue Atheismus betreibt. Manches Mal wünschte man sich dieses Buch zwar besser strukturiert, denn Eagleton schweift ab, wird anekdotisch. Aber gerade das ist -anregend und macht das Bändchen mindestens so spannend wie manchen Krimi für den Strand. Schließlich ist der Tod Gottes auch ein Kriminalfall.
Pattloch, 288 S., 19,99 Euro