Bruce Bégout: »Sphex«
Es ist leichter, Geschichte zu fälschen als Geschichte zu schreiben. Es ist also leichter, sich dem Abwegigen, Verbohrten, Unheilvollen hinzugeben, als klaren Kopf zu bewahren. Bégout geht in seinen brillant verdichteten, nie um eine Ausschweifung verlegenen Kurzgeschichten dieser Abweichung ins Schwarze, Leere, Kranke hinein nach. Er siedelt seine Beobachtungen knapp neben der Spur des Konventionellen und Alltäglichen an und sieht beunruhigend gelassen dabei zu, wie die Abweichung ihre eigene zwingende Logik entfaltet. Er ist kühl und doch nicht mitleidslos, aber die Anteilnahme gilt den Details, denn dort versteckt sich der Teufel. Deshalb skizziert Bégout eine kühne Phänomenologie des Pickelausdrückens, fühlt nach, wie sich im Moment des Kampfes das Bewusstsein auf die Größe und Härte eines Projektils zusammenzieht. Nur in diesen Details des Morbiden ist der moderne Mensch noch bei sich. Denn im Inneren seiner Hoffnungen und Träume ist nur Leere. Manchmal erschrickt er darüber, bisweilen prügelt er seinen besten Freund tot. Und unsere Aussichten? Warten, in die nächste unheim-liche Situation zu taumeln. Dieses Buch kühlt stärker als jede Klimaanlage.
Diaphanes, 256 S., 18,95 Euro