Foto: CDU / NRW

Watchdog

Wunderschönes, ach, und »Klingendes NRW«, das ist der Boden, auf dem das Landesbewusstsein wohl gedeiht. Die leichte Muse, nicht irgendein kopflastiges Fernsehformat, vermag die Liebe zum Land zu entflammen – in den gleichnamigen Sendungen, beim großen Landessender WDR. So bürgernah und bodenständig urteilte Jürgen Rüttgers in seiner weithin »medienpolitische Grundsatzrede« genannten Ansprache zur Eröffnung des medienforum. nrw Anfang des Monats in Köln. Aber alles geriet sehr grundsätzlich – Qualität ist gut, verkrustete Strukturen eher nicht –, konkrete Maßnahmenkataloge waren zwei Wochen nach Amtsantritt sowieso nicht zu erwarten, und so konnte man sich ganz der Ästhetik und Atmosphäre der neuen CDU-Medienpolitik hingeben. Eher träg und trocken im Jargon kam sie daher, Rüttgers Rede, ganz ohne intellektuelle Überspannung und anspielungsreiche Elias-Zitaten, mit denen die übrigen Festredner das diesjährige Medienforums–Motto (»Das Prinzip Verantwortung«) fast durchweg zu überhöhen suchten.

Digitale Zukunft in Form von vernetzten Kühlschränken

Etwas spröde auch der neue Medienstaatssekretär Thomas Kemper, der zur vorabendlichen Eröffnungsparty des Medienforums in Bonn (!) seinen initialen Auftritt hatte. Der ehemalige Sprecher der Dortmunder Harpen AG löst auf dem Posten das Münsteraner Jungprofessorinnen-Wunder Miriam Meckel ab, die noch im letzten Jahr zu ähnlichem Anlass die guten alten vernetzten Kühlschränke in ihrer Vision einer digitalen Zukunft beschwor. Das würde CDU-Mann Kemper, passionierter Pfeifenraucher, wohl nie passieren. Was ja, ceci n’est pas une pipe, nichts Schlechtes heißen muss. Immerhin: Weltspitze in der Medienindustrie, so Rüttgers, das soll zukünftig der Anspruch sein für NRW, und um dies zu erreichen sollen Cluster-Strategien helfen. Was, so sagt der Duden, die Verbindung von Einzelteilchen zu einem einheitlichen Ganzen meint, und doch ahnt man sofort, dass hier nichts Neues propagiert wird, sondern etwas, das früher bereits als Networking, Synergien, Kooperation oder auf gut Kölsch auch als Klüngel bereits leidenschaftlich praktiziert wurde.

Köln als Ober-Cluster

Ausgedient jedoch, so Rüttgers noch, habe das Gießkannenprinzip bei der Medienförderung, nicht jedes Dorf in NRW könne schließlich Medienstandort werden. Was ja wohl nur als Votum für Köln als Ober-Cluster im Sektor gelesen werden muss. Und dennoch, wie da die Worte so solide wie leidenschaftslos vom Papier weggelesen wurden, scheinen die Medien und ihre besonderen Spektakel dem Redner doch noch fremd, höchstens ein Ding wie jedes andere. Jetzt kommen erstmal alle Projekte auf den Prüfstand, sicher, aber von Visionen, ja Eifer zumal keine Spur. Dabei hatte der Mann doch so hochrot von den Wahlplakaten geschaut. Wir warten weiter auf ein Zeichen.

Sparversion der taz nrw

Einen Verlust für die recht monokulturell geprägte hiesige Presselandschaft ist auf jeden Fall die neue Sparversion der taz nrw. Bis zum 30. Juni, so war tagtäglich gefleht worden, brauche die taz 1000 neue Abonnenten im Land – sonst sei Schluss mit dem Experiment Regionalausgabe. Am Abrechnungstag waren’s dann nur – aber auch immerhin – 635. Zu wenige für eine Rettung, genug für einen Kompromiss: Der NRW-Teil macht weiter, aber die regionalen Fenster Köln und Ruhr werden geschlossen, fünf Redaktionsstellen gestrichen. Köln-Themen finden sich nun wieder seltener in der taz, doch könnte sich das ab Dezember wieder ein wenig ändern. Dann wird nämlich der Redaktionsstandort Bochum geschlossen und die NRW-taz komplett in Köln produziert.