Schwarzlicht
Australien besetzt seit Jahren einen Trend in der Kriminalliteratur. Das Interesse an Übersetzungen von Krimis made in Down Under ist ungebrochen. Auch deutsche Autoren siedeln ihre Romane in Sydney und Melbourne an. Der Australier Garry Disher hat diese Entwicklung mitverursacht und geprägt: Seine hochklassigen Spannungsromane haben den fünften Kontinent als unverbrauchten Krimischauplatz etabliert. Bekannt wurde Disher in den 90er Jahren durch eine Serie illusionsloser Gangstergeschichten um den Berufsverbrecher Wyatt, der sich als Freelancer im wilden Kapitalismus durchzuschlagen sucht. Im Jahr 2002 zeigte sich dann, dass er auch Polizeiromane schreiben kann, und zwar keine schlechten. Damals nämlich erschien »Drachenmann«, ein hartes, lakonisches, sorgsam komponiertes Gesellschaftsporträt.
»Flugrausch«, der neue Roman des Australiers, erzählt die Geschichte weiter. Verschiedene kleine und große Fälle beschäftigen die Polizei im Peninsula District. Wieder stehen Kommissar Hal Challis und seine Kollegin Ellen Destry im Mittelpunkt eines
Universums, in dem es nur so wimmelt von Personen und Geschichten. Wie Garry Disher das alles kombiniert, ist wahrlich meisterhaft. Mit wenigen Worten skizziert er authentische Charaktere, mit gelassener Geste eröffnet er nebenbei den Blick in ganze Lebenswelten. Stets die Übersicht behaltend montiert er all die kleinen Details zu einem großen Ganzen, einem Bild Australiens. Ein Bild, das drastisch und dramatisch ist, etwa wenn es um die australische Asylpolitik geht, die Garry Disher in »Flugrausch« radikal kritisiert. Exotisches Australien light ist mit diesem Autor nicht zu haben, dafür aber ein literarisches Abenteuer allerhöchster Güte.