Ergebnis: kein Ergebnis
Die politische Lage in Köln ist stabil: Wenn es schon Koalitions-Chaos im Rathaus gibt, dann nicht nur für ein paar Tage. Dann dauert das richtig lange. In vielen Sitzungen trafen sich Grüne und FDP in den letzten Wochen, um zu überlegen, mit wem sie im Kölner Rathaus regieren wollen: mit CDU oder SPD, als Jamaika- oder Ampel-Pakt. Die große Koalition war Anfang November nach nicht einmal einem Jahr zerbrochen, deshalb sind nun die Kleinen am Zug. Das Ergebnis der Gespräche: kein Ergebnis. Die Grünen wollen die SPD als dritten Partner, die FDP will lieber die CDU. Also wird erstmal weiter verhandelt. Und während wir warten, fragen wir uns wieder: Wie kommt’s eigentlich, dass politische Krisen in Köln Konjunktur haben wie sonst nur Trainerdebatten beim FC? Was hat das für die Stadt zu bedeuten – und was passiert, wenn mal wieder nichts passiert? Wir haben nach ein paar Erklärungen gesucht.
1. Kommunalpolitik als Hobby
Stadträte sind keine Berufspolitiker. Sie wühlen sich ehrenamtlich für ein geringes Sitzungsgeld durch die Papierberge, die die Stadtverwaltung ihnen auftischt. Das macht nicht immer Spaß, und man kommt auch nicht immer dazu – so ist das halt mit Hobbys. Man muss schließlich Geld verdienen (was sich nur manchmal vorteilhaft mit der Kommunalpolitik verbinden lässt) und hat auch noch anderes zu tun. Das stimmt zwar im Prinzip, erklärt aber nur wenig. Das Problem ehrenamtlicher Politiker ist keine Kölner Besonderheit. Und so manches Ratsmitglied kennt sich zumindest in seinem Spezialgebiet dann doch richtig gut aus und nimmt es ernst – wichtige Themen bietet die Stadt schließlich genug: Stadtplanungen für Deutz, Kulturpolitik von Opernsanierung bis zum geplanten Haus der jüdischen Kultur, kommunale Sozialpolitik, die hohen Kölner Mieten und vieles mehr.
2. Die Macht der Verwaltung
Den ehrenamtlichen Ratspolitikern steht die Verwaltung mit ihrem Apparat gegenüber. Sie setzt das um, was die Politik beschließt – oder eben auch nicht. Gegenüber ihren Ressourcen an Personal, Zeit und Fachwissen muss der Rat im Konfliktfall meist den Kürzeren ziehen. Kleines Kölner Beispiel: 2001 beauftragte der Rat die Verwaltung, dem »Trägerverein Zentralmoschee« ein geeignetes Baugrundstück vorzuschlagen. Das ist bis heute nicht geschehen. Wer in der Verwaltung bestimmt, der hat auch Macht. Die große Koalition in Köln ist letztlich daran gescheitert, dass sich CDU und SPD nicht über die wichtigen Verwaltungsposten des Stadtdirektors und des Kämmerers einigen konnten.
3. Der schwache OB
Chef der Verwaltung ist der Oberbürgermeister. Eigentlich müsste Fritz Schramma alle Fäden in der Hand halten – er ist bis 2009 direkt gewählt, seine Partei, die CDU, ist stärkste Fraktion im Rat. Nur ist Schramma nicht gerade der stärkste Mann in seiner Partei. Wechselnde Mehrheiten im Rat könnten eigentlich eine Chance sein für einen Oberbürgermeister, der sich dann eben die Stimmen für seine Ziele selbst organisiert. Aber Schramma konnte die Schwäche der Kölner Politik noch nie zu seiner persönlichen Stärke machen – im Gegenteil.
4. Traumatisierte Parteien
Die Skandalserie der Kölner SPD hat im letzten Jahrzehnt die gesamte Partei umgeworfen. Ihr neues Führungsteam aus Jochen Ott (31, Parteivorsitzender) und Martin Börschel (32, Fraktionsvorsitzender) soll Erneuerung und Verjüngung repräsentieren. Das klappt inzwischen sogar einigermaßen: Bei den Krisengesprächen der Koalition trat die SPD jedenfalls wesentlich geschlossener auf als die CDU.
Die CDU wurde erst durch die SPD-Skandale unvorbereitet an die Macht katapultiert – und hat sich von diesem Schock bis heute nicht erholt. Unklare Ziele, Flügelkämpfe, Einzelinteressen: So präsentiert sich die Partei. Etwas werden konnte hier bisher nur, wer nicht profiliert war – alles andere verhinderten parteiinterne Gegner. Jetzt soll der ehemalige Polizeidirektor Winrich Granitzka als Fraktionschef für Ruhe und Ordnung sorgen.
Und wie geht’s weiter? »Wir werden den Großen zeigen, wie es richtig geht«, hatte Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite von der FDP vor den Gesprächen noch getönt. Inzwischen ist nicht mehr klar, ob überhaupt eine Koalition zustande kommt. Viele Konfliktpunkte müssen FDP und Grüne dafür noch begraben: Die FDP fordert zum Beispiel den Bau von Hochhäusern in Deutz, die Grünen sind dagegen. Wegen rechtspopulistischer Töne der FDP in der Flüchtlingspolitik hatten die Grünen vor einem Jahr sogar jede Zusammenarbeit abgelehnt. Schwierigster Punkt aber bleibt die gemeinsame Entscheidung für den dritten Partner. »Bis Januar« müsse die Frage geklärt sein, sagt Grünen-Fraktionschefin Barbara Moritz, die lieber von »Kooperation« spricht: Das sei eine Vereinbarung »etwas unterhalb einer Koalition«. Und im Rat wird solange eben mit wechselnden Mehrheiten regiert – für alle Parteien und die Verwaltung eine schöne Gelegenheit, mögliche Kooperationen an Einzelthemen auszuprobieren.