Standhaft in der Krise: Gastronom Daniel Rabe

»Es ist auch eine Chance«

Gastwirt Daniel Rabe über die Bedeutung seiner Branche in der Krise, die neue IG Kölner Gastro und kollegiale Kontrolle

Herr Rabe, als Vorstand der neuen IG Kölner Gastro können Sie trotz Krise zufrieden sein: Die Kölner Gastronomie hat viel Zustimmung erfahren. Man könnte den Eindruck gewinnen, ein Leben ohne Gastronomie sei sinnlos.

 

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es wichtig war, dass wir unsere Stimme erhoben haben. Ich fand es längst überfällig, dass wir Gastronomen unsere Interessen bündeln. Dass wir das knapp vor der Corona-Krise geschafft hatten, war wichtig.


Manche Ihrer Statements wirkten zuvor, als fühlten Sie und andere Gastwirte sich nicht wertgeschätzt.

 

Wir fühlten uns tatsächlich oft ... ja, fast kriminalisiert. Viele Bars, Clubs, Kneipen und Restaurants haben behördliche Willkür erfahren. Wir sind zwar einer der größten Arbeitgeber der Stadt, aber hatten keine Lobby. Wir wollen ernstgenommen werden und auch mitbestimmen, wenn es um uns geht.


Haben Sie Beispiele?

 

Nach den Auswüchsen am Elften im Elften 2017 wurde zwar ein Runder Tisch gegründet. Aber kein Gastronom saß dabei und konnte skizzieren, was man besser machen könnte. Das war aber auch so, als die Politik die Barrierefreiheit auf den Gehwegen durchsetzen wollte, indem Außengastronomie entlang der Häuserwände verboten werden sollte. Das wurde durch öffentlichen Druck dann zurückgenommen. Viele in der Politik gehen ja selbst gern in die Gastronomie, die hatten gar nicht gemerkt, was sie da zunächst beschlossen hatten.


Jetzt hat die Politik Ihre Branche entdeckt und betont, wie wichtig sie sei. Die Mehrwertsteuer wurde gesenkt ...

 

Trotzdem ist bei vielen Gastronomen große Unsicherheit zu spüren, auch was die Hilfen in der Krise angeht. Die IG Kölner Gastro hat schon 200 Mitglieder, es gibt offenbar einen großen Bedarf. In der Krise haben viele Menschen den Stellenwert der Gastronomie erst erkannt. Durch den Zusammenschluss haben wir in Köln gemeinsam viel erreicht, etwa dass wir Parkplätze für Außengastro­nomie nutzen dürfen, um über die Runden zu kommen.


Das mag im Sinne der Verkehrswende gut sein, aber Sie beanspruchen öffentlichen Raum und nutzen ihn für ihr Unternehmen.

 

Dass der öffentliche Raum nicht kommer­zialisiert werden soll, das finde ich auch. Aber die Gastronomen bekommen ja auch nicht mehr Tische, sondern nur mehr Fläche für die Abstandsregeln. Wir reden ja nur von diesem Sommer. Da rechne ich schon mit Verständnis. Ich fände es aber auch gut, wenn Parkbuchten frei würden, damit sich dort Leute da mit einem Tisch hinsetzen können.


Es wurde behauptet, dass die Gastronomie in Köln von massenhaften Schließungen bedroht sei. Ist es nicht eher so, dass die kreativen Gastronomen gestärkt aus der Krise kommen werden?

 

Für alle Gastronomen ist es definitiv sehr schwierig. Aber es stimmt, es ist auch eine Chance. Das Bewusstsein vieler Gäste ist ein anderes. Jeder weiß jetzt, wie wir arbeiten müssen und dass die Margen gering sind, dass wir unser Personal nicht so gut bezahlen können, weil das unter den Bedingungen einfach nicht möglich ist. Für die Kreativen ist es auch eine Chance, aber wir müssen gucken, dass bei den anderen nicht zu viel wegbricht.


Aber malen Sie das Bild der Gastronomie nicht zu sonnig?

 

Es gibt schlechte Arbeitsbedingungen, Schwarzarbeit, und man spürt nicht überall Leidenschaft für Gastlichkeit und gute Ernährung. Ja, das gibt es. Das Problem ist, dass jeder einfach ein Lokal eröffnen kann, man brauchtkeine Ausbildung.


Was wird unterschätzt?

 

Die viel zu hohen Personalkosten. Ich war anfangs ruckzuck pleite, obwohl der Laden lief und es nett war. Andere sind null kreativ, wenn es darum geht, ihren Laden schön zu gestalten. Es gibt viele Punkte. Allein, dass Leute viele zu hohe Mieten zahlen, weil sie denken, es sei ihr Traumobjekt. Es wäre gut, wenn künftig viele, die eine Gastronomie eröffnen wollen, ein paar Grundkenntnisse beigebracht bekommen würden. Das würde auch die Qualität verbessern und Leute, die sich selbstständig machen, schützen.


Braucht es eine breitere Debatte über gastronomische Qualität?

 

Das fände ich eigentlich gut. Ich will aber keine Auflagen, dass jemand keine Tiefkühl-Bohnen mehr verkaufen soll. Aber ich finde zum Beispiel falsch, dass die Lebensmittelkontrolle nur alle zwei Jahre kommt. Die müssten eigentlich alle paar Monate kommen. Auch, um mit dem Gastronom zu sprechen: Was kann man verändern? Worauf muss man noch stärker achten? Es muss so etwas wie eine kollegiale Kon­trolle geben.


Jetzt ist der Shutdown aufgehoben, die Gastronomie kann mit Hygiene- und Abstandregeln wieder eröffnen. Gut so?

 

Wir sind durch acht Wochen Krise gekommen. Aber wer jetzt nur noch 40 bis 70 Prozent des Umsatzes macht, hat eigentlich keine Chance ohne weitere staatliche Unterstützung. Dass es die Möglichkeit gibt, Trennscheiben zwischen den Plätzen einzurichten, um nicht 1,50 Meter Abstand einhalten zu müssen und mehr Tische aufstellen zu können, finde ich mutig vom Land NRW. Ich hoffe nur, dass wir dadurch in ein paar Wochen nicht den nächsten Shutdown haben.


Daniel Rabe betreibt mit seiner Frau Reja Rabe mehrere Restaurants, unter anderem die Bagatelle und die Brasserie aller Kolör in der Südstadt. Rabe will zudem bei der Kommunalwahl im September als Parteiloser in den Stadtrat einziehen.