Das Zucchini-Rätsel

In jedem Kochbuch liest man, Zucchini besäßen einen zurückhaltenden Geschmack. Das ist vornehm ausgedrückt. Zwar wird man Nuancen von Nuss erkennen, aber nur bei den kleinen Exemplaren, alles über 15 Zentimetern tendiert geschmacklich gegen null.

Warum aber sind Zucchini dann so beliebt, zumal in einer Welt, die geradezu dröhnt vor starken, plumpen Aromen? Weil man ihnen nur taktile Rollen zuweist. Sie dienen als etwas halbwegs Bissfestes in Suppe, Ratatouille, Sößchen. Ja, Zucchini sind zwar ein Standard der Mittelmeerküche. Aber stets unter ferner liefen. Aus dem ­Italien-Urlaub kennt manch einer womöglich frittierte Zucchini-Blüten, ein folkloristischer Evergreen. Doch ehrlich: Es schmeckt vor allem nach der jeweiligen Füllung. Aufgrund dieser aromatischen Unscheinbarkeit kann man die Blüten sogar als Nachspeise, als caponet, ­bereiten, mit Nusslikör oder Kakao!

Oft hört man auch, Zucchini brate man am besten. Tatsächlich gewinnen sie bei idealer Garzeit und Temperatur manchmal an Geschmack, wohl weil sie Wasser verlieren. Aber meist treten bloß Röstaromen hinzu. Was also tun, wenn man die Zucchini als ­Zucchini kosten will? Roh essen! Es ist ein Rätsel, weshalb sie auf Rohkostpatten fast nie zu finden sind. Hat man Sorge, die Unscheinbarkeit dieses Gemüses festzustellen?

Zucchini sind Sensibelchen. Wer sie unbedingt mit anderen Zutaten in einer Pasta-Sauce haben will, kann sie in dünnen Scheiben dem Nudelwasser ganz kurz vor Ende der Garzeit beigeben und gießt sie dann mit den Nudeln ins Sieb ab. Längere Kochzeiten sind nicht zu empfehlen. Auch deshalb schmecken die derzeit so beliebten Spaghetti aus ­Zucchini nach nicht viel. Gekocht taugen diese wirklich nur als ­Substitut für Allergiker.

Auch eine Zucchinisuppe etwa darf nie lange kochen, und sie verträgt kaum anderes als eben: Zucchini. Möchte man diesen authentischen Geschmack bewahren, kann man höchstens noch Pinienkerne oder dergleichen hinzufügen. Allerdings: Ein erstaunlicher Effekt tritt ein, wenn man Zucchini püriert — und zwar roh! Es schmeckt erdig und kräftig! Schonend erwärmt, ergibt das dann eine ungewöhnliche, kräftige Sauce aus puren Zucchini! Bei einer Blindverkostung werden die Gäste staunen! Es ist der beste Weg, das Gemüse zu rehabilitieren und es endlich vom Statisten zum Hauptdarsteller zu machen. Gerade jetzt, zur Saison!