Streetfood vom Baum

Esskastanien waren oft Notnahrung, aber sie taugen zu viel mehr

Die Esskastanie findet sich nicht oft auf den Zutatenlisten. Selbst die Food-Hipster scheinen sie bislang übersehen zu haben. Die bekannteste Sorte ist die Marone, ab Herbst bekommt man sie gelegentlich in den Innenstädten an Röstständen. Ein nostalgisches, unverfälschtes Streetfood.

Aber aus Maronen kann man mehr machen. Praktisch ist, sie vakuumiert zu kaufen, aber mehr Spaß macht es, sie selbst zu kochen oder zu rösten. Roh schmecken sie übrigens ein wenig wie Walnuss.

Oft stehen noch heute Esskastanien im Ruf einer Notnahrung. Im immer wieder lesenswerten Standardwerk »Kulturgeschichte des Essens und Trinkens« von Gert von Paczensky und Anna Dünnebier wird mehrfach aufgeführt, wo und wann überall Kastanien als Mehl-Ersatz genommen wurde, was immer noch besser war als gemahlene Baum­rinden, Unkraut oder Knochen. Im 17. Jahrhundert dienten Kastanien auch als Kaffeebohnen-Ersatz.

Doch die Kastanie ist auch auf den Gipfeln der Kochkunst zu Hause. Als Püree zu Fleisch und Geflügel, ebenso häufig als erlesene Süßspeise, etwa in Sirup getränkt als französische Marrons glacés, aber auch den unglaublich altmodischen und aufwändigen Pudding Nesselrode. Soll es etwas bodenständiger sein, richtet sich der Blick auf die Küche Korsikas. Dort hat die Edelkastanie eine lange Tradition, es gibt Brot und sogar einen Kuchen aus Kastanienmehl.

Maronen passen sehr gut zu Rosenkohl, der jetzt ebenfalls Saison hat. Eingeritzte Maronen zwanzig Minuten in Wasser garen, kurz abkühlen lassen, schälen. Dann Rosenkohl in Wasser gut zehn Minuten garen, anschließend beides in einer Pfanne mit Butter schwenken und salzen. Man kann aber auch Knollensellerie mit Maronen kombinieren. Das Herbe und Erdig-Süßliche passen prima zusammen.

Wer Streetfood gern daheim verputzt und keinen Maronenverkäufer auf der Straße stehen hat, kann Folgendes probieren: Maronen besorgen — ihre Schalen sollten glatt und glänzend sein —, ihre Büschel abschneiden und dann mit einem scharfen Messer großzügig kreuzweise die Schale bis zum Fruchtfleisch einritzen. Nach gut zwanzig Minuten bei 180 Grad sind sie fertig. Ach, und noch ein Wort zur Maronen­suppe: Der erdige Geschmack kommt oft nicht ganz so gut zur Geltung wie beim Rösten, aber es ist immer noch eine gute Alternative zur unverwüstlichen Kürbissuppe, der man in diesen Tag ja kaum entkommen kann.