Bald nur noch Take-away? November-Shutdown in Köln

»Bald prosten wir uns wieder zu«

Wie lange bleiben die Restaurants geschlossen? Und wird es der letzte Shutdown sein?

»Warum gerade unsere Branche mit dem neuerlichen Lockdown belegt wird, viele andere Branchen aber nicht, ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar«, findet Daniel Gottschlich. »Gerade die Gastronomie hat sehr viel investiert, um unter den Auflagen überhaupt wieder öffnen zu können.« Gottschlich repräsentiert das junge, kulinarisch aufstrebende Köln. Im Rheinauhafen führt er das »Ox & Klee« und

die Bar »The Bayleaf«. Der mit zwei Michelin-Sternen dekorierte Koch hat es geschafft, Spitzenküche und schickes Ambiente mit Lässigkeit zu verbinden. Jetzt macht Gottschlich sich Gedanken: »Das wird die Gastronomielandschaft stark verändern. Schon jetzt haben viele Gastronomen in Deutschland ihr Aus bekanntgeben müssen.«

Gottschlich und sein Team tun jetzt das, was sich bereits im ersten Shutdown bewährt hat. »Wir haben ein Take-away-Konzept mit optionalem Lieferservice entwickelt — quasi das Dinner-Erlebnis auf Sterne-Niveau als Take-away.« Das komme sehr gut an, sagt Gottschlich. »Wir haben Menschen für das Ox & Klee begeistern können, die uns vorher gar nicht kannten.« Doch wann werden sie im Ox & Klee wieder essen können? Die kalte Jahreszeit, günstig für die Verbreitung des Virus, hat gerade erst begonnen. Findet Gastronomie bald nur noch als Lieferservice statt?

Viele haben sich zumindest darauf eingestellt. Mirko Gaul, Küchenchef im Taku im Excelsior Hotel Ernst, war immer neuen Formaten gegenüber aufgeschlossen. Vor zweieinhalb Jahren brachte der Sterne-Koch mit der zusätzlichen Eröffnung des »Poké Makai«, einem Edel-Imbiss am Excelsior Hotel Ernst, den hawaiianischen Bowls-Trend nach Köln. Im Sommer hat er kulinarisch hochstehende Grill-Boxen ausgeliefert, wie immer bei Gaul asiatisch inspiriert. Jetzt stellt er um auf Winter-Boxen — für Hot Pot, Raclette und Fondue.

Auch Hendrik Olfen, Koch und Betreiber der »Henne Weinbar« an der Pfeilstraße, gehört zur gastronomischen Avantgarde. Seine Idee, Hochküche als Tapas zu servieren, war sehr erfolgreich und wird oft kopiert. Doch mit Take-away fremdelt Olfen. »Ich hab doch nicht ein Restaurant eröffnet, um Essen in Plastik verpackt zu verkaufen.« Aber jetzt hat sich Olfen anders entschieden: Bei der Henne kann man Sonntagsbraten und ausgesuchte Weine dazu bestellen. »Es geht auch darum, dass meine Angestellten weiter arbeiten können«, sagt Olfen. »Die Rückmeldung unserer Gäste ist sehr gut, man spürt eine große Solidarität.« Olfen sagt aber auch: »Damit ist kein Geld zu verdienen. Doch man hält Kontakt zu den Gästen.«

Eben das treibt auch Karl-Heinz Köckeritz an. Das Linkewitz in Niehl ist kein Ort, der auf Gourmet-Listen geführt würde, sondern das, was man eine Veedelsinstitution nennt. Hier werden FC-Übertragungen geguckt, hier tagen Stammtische, hier gibt kleine Konzerte mit kölscher Musik. »Die meisten hier sind Stammgäste«, sagt Köckeritz. »Viele von denen leben allein, für die ist das ganz bitter, wenn hier geschlossen werden muss.« Sein Ziel sei immer gewesen, eine »Wohlfühl-Gastronomie« zu schaffen, sagt der Koch. »Manche sammeln Briefmarken, ich sammle Menschen. Ich höre denen gerne zu.« Das Linkewitz sei ein Ort der Begegnung. »Hier geht es nicht nur um Bier, sondern vor allem um Gemeinschaft.« Auch Köckeritz bietet Essen zum Mitnehmen an. »Heute ist Reibekuchen-Tag, und es gibt Pasta — aber wenn einer etwas anderes will, mache ich das möglich.« Finanziell bringe das zwar alles nichts. »Aber es ist wunderbar zu sehen, dass so viele kommen. Manche sagen mir, sie kochen nicht zu Hause, sondern holen sich bei uns was — aus Solidarität und weil man kurz ein Schwätzchen hält.«

Köckeritz ist optimistisch. »Irgendwann sitzen wir hier wieder zusammen, prosten uns zu, und sind dankbar dafür, dass wir das alles wieder haben.« Der Fernseher läuft, es geht um einen Covid-19-Impfstoff. »Vielleicht schon Mitte Dezember«, sagt Köckeritz. Den Shutdown findet er nachvollziehbar. »Ich würde das nicht entscheiden wollen, jeder hat immer was zu meckern.«

Auch Hendrik Olfen von der Henne Weinbar will nicht die Maßnahmen kritisieren: »Das schmerzt, aber wir sind alle keine Virologen«, sagt er. »Ja, wir haben in der Henne ein ausgereifte Hygienekonzept, aber die Branche ist eben auch vielfältig.« Olfen hofft, dass die Krise im Sommer überwunden sein wird.

»Ich finde, jetzt ist auch mal Zeit, Demut zu üben und zu merken, wie gut es uns eigentlich immer gegangen ist«, sagt Karl-Heinz Köckeritz vom Linkewitz. »Wissen Sie, ich bin Christ. Das ist mein Akku«, sagt er. Auf die Essenspakete, die man am Linkewitz abholen kann, schreibt er einen aufmunternden Spruch. Auf der Packung mit den Spaghetti Carbonara steht »Kopf hoch!« Daneben hat Köckeritz ein lachendes Strichmännchen gezeichnet.