Frisch verpackt

Bequem als Problem

Von wegen frische Küche! Im Shutdown boomt Convenience

Unser Leben wird langsamer, aber das Essen schneller. Im Shutdown reißt der Fastfood-Trend nicht ab. Corona und Take-away treiben ihn an. Allerdings stellen wir Ansprüche: Fastfood soll ökologisch korrekt sein, aber auch neuartig, international und ein bisschen exotisch. Nun könnte man annehmen, dass diejenigen, die im Shutdown daheim arbeiten, mehr Zeit fänden, frisch zu kochen. Möhren und Kartoffeln untereinander? Blumenkohl mit Salzkartoffeln? Regional, saisonal, fleischfrei — ach, aber doch keine Mahlzeiten für mondäne Metropolenbewohner.

Während in vielen Teilen der Welt die Planung von Mahlzeiten,  die Beschaffung von Lebensmitteln und deren Zubereitung oft notgedrungen den Tag strukturieren, wollen wir rasche Sättigung zwischendurch. Doch steigt weniger stark der Absatz von Tiefkühlpizza. Der Trend geht zu hochwertigen Fertiggerichten, aber eben: ökologisch korrekt, neuartig, international, ein bisschen exotisch ... siehe oben. Alles, was auch Streetfood populär macht.

Nun gibt es aber auch eine Überraschung. Ganz weit oben auf der Hitliste der Convenience-Produkte: Maultaschen. Ein traditionelles Essen mit biederem Image. Wie kommt das? Tempo übertrumpft Exotik. Maultaschen sind in zwei Minuten gar, sie sind sättigend und die Füllung in Varianten erhältlich. Kaum ein Convenience-Produkt hat so eine steile Karriere hingelegt. Doch in der stationären Gastronomie sind Maultaschen bislang kaum in Erscheinung getreten. Es gab keine Pop-up-Restaurants oder Streetfood-Trucks, die Maultaschen anboten. Aber wer weiß, was uns nach Corona erwartet? Womöglich beflügelt dann die Industrie die Gastronomie — und nicht umgekehrt, wie bislang, wo Streetfood als TK-Ware endet.

Man sollte allerdings nicht vergessen: Die nach wie vor große Beliebtheit von Tiefkühl-Pizza ist ein lang anhaltender Nachhall der Italien-Sehnsucht in den 50er und 60er Jahren, die auch zur Dominanz von Nudelgerichten in unseren Küchen führte. In den 80er Jahren war die Serbische Bohnensuppe als Konserve ein matter Abglanz der damals enorm beliebten Balkan-Restaurants. Später gesellten sich in den Tiefkühltruhen asiatische Reispfannen zur Pizza. Dem Essen der Levante und all dem Streetfood — ihm wird es ähnlich ergehen.