Im Mai zu haben

Nur für kurze Zeit!

Mit dem Mai kommt endlich die Vielfalt zurück auf die Teller

Nichts gegen die Kohlgerichte des Winters! Aber nun ist auch mal wieder gut. Man freut sich auf Spargel und Erdbeeren und auch Rhabarber (der uns gerade schon wieder verlässt). Ein jeder in diesem Trio ist geschmacklich einzigartig, doch rührt deren Beliebtheit auch daher, dass das Angebot zeitlich beschränkt ist. Es sind, neudeutsch gesprochen, Pop-up-Aromen. Man stelle sich vor, es gäbe nur einen Monat im Jahr, sagen wir, Haushaltszwiebeln — wie groß wäre deren Renommee!

Während wir noch darauf warten, dass die Tomaten wieder schmecken, hält der Wonnemonat eine ganze Reihe von Spezialitäten jenseits des Bekannten bereit. Sie tragen ihre saisonale Exklusivität schon im Namen: etwa das Maikraut, das man auch als Waldmeister kennt, und das man wegen des Kumarins nur leicht dosiert genießt, etwa in einer Mai-Bowle. Auch das Maibock, untergäriges Starkbier, gehört in die Reihe. Ebenso wie der Maifisch, der übrigens in Poll lange Tradition hatte: Eigentlich waren es Alsen, dem Hering verwandte Seefische, die bis vor hundert Jahren im Mai flussaufwärts zum Laichen zogen. Seit einigen Jahren werden sie wieder angesiedelt.

Eine vernachlässigte Mai-Spezialität ist das Mairübchen. Man nennt es auch Navette, damit es nicht so niedlich-bäuerisch klingt. Die kleinen Knollen sind geschmacklich derart fein, dass sie im Rang der Teltower Rübchen stehen! Ihr Geschmack erinnert von Ferne an Kohlrabi und Rettich, der demnächst in die Saison geht, doch sind die Mairübchen viel unaufdringlicher. Man kann sie — am besten geschält — roh verzehren, vielleicht mit ein wenig Limette. Zupackende Zubereitungsarten bieten sich nicht an, lieber sollte man sie dünsten oder glasieren, sie lassen sich auch kurzgebraten servieren.

Ähnlich wie Radieschen kann man auch das Kraut der Mairübchen verwenden, solange es noch nicht welk aussieht oder es in Verkennung seiner Qualitäten abgerupft wurde. Dann kocht man es einfach wie Spinat. Ein Mairübchen — zwei Zutaten! Erstaunlich, dass das Mairübchen noch nicht von der kulinarischen Mode wiederentdeckt wurde. Es wird daran liegen, dass seine Saison so kurz ist.