Die Unbekannten

Mit Verspätung stellt sich für Blade der verdiente Erfolg ein. Sein gemeinsames Album mit Mark B. könnte zudem der Vorbote eines neuen britischen HipHop-Sommers werden.

They were The Unknown! Anfang der 90er tauchte ein junger Rapper mit Künstlernamen Blade, großer Klappe und dem richtigen Flow auf den Londoner HipHop-Jams auf. Schon bald brachte er erste Maxis im Eigenvertrieb unter die B-Boys der Hauptstadt. Die Legende berichtet, dass der im Iran geborene Armenier den Großteil an Straßenecken und nach Auftritten verkaufte, um der Vereinnahmung durch die Musikindustrie zu entgehen. Highest Streetcredibility-Ranking, das war im Reime-Biz immer wichtig. Es war eine gute Zeit für UK-Hop: Black Radical MK II hatten mit dem Monstertrack »Monsoon« 1989 den Anfang gemacht, und viele nutzen die neuen Möglichkeiten und Orte, an denen HipHop stattfand: die Demon Boyz mit ihrem Ragga-Style, HiJack, Gunshot oder Silver Bullet mit dem Sound, der schnell als Britcore bezeichnet wurde, die unterbewerteten Unanimous Decisions mit dem typischen melodischen Sound des Kold-Sweat-Labels. Blade sorgte 1993 mit dem Debüt-Doppelalbum »The Lion Goes From Strength To Strength« für Aufsehen und verkaufte sensationelle 10.000 Einheiten. Die Kombination von zornig-geradlinigen Raps und harten politischen Texten kam gut an.
Doch so schnell wie der Sommer des HipHop nach London gezogen war, war er auch wieder vorbei von der Britcore-Falle wurde gesprochen, vom fehlenden Potenzial der Szene und vom Desinteresse der britischen Musikpresse. Die suchte potenzielle Popstars und wollte sich mit Rassismus, Black Pride und jungen aufsässigen Rappern kaum beschäftigen. Blade allerdings ist nicht in der Versenkung verschwunden, Leute wie er ziehen sich lediglich zum Verbessern ihrer Lyrics und ihres Styles zurück: »I felt that my lyrical ability was always increasing, but my beatmaking was still on the same level.« Die Bekannschaft mit Mark B. war da ein guter Anlass, die musikalische Autarkie zu beenden und mit einem Produzenten und Beatmaster zusammenzuarbeiten.
1998 erschien die gemeinsame EP »The Hitman For Hire« auf dem Abstrakt-Hop-Label Jazz Fudge, Ende 2000 dann »The Unknown«, eines der besten HipHop-Alben der letzten Jahre. Das Vorläufige, Entwurfhafte und Raue von »The Lion...« ist einer selbstbewussten Produktion mit den Finessen des aktuellen HipHop-Jahrgangs gewichen. Plötzlich bekommt Blade die Anerkennung, die ihm längst zusteht: Support für Eminem in London und Manchester, Chart-Einstieg mit »The Unknown« und reichlich gute Presse. Können wir uns auf einen neuen Sommer des britischen HipHop freuen? Zumindest sorgen dieser Tage auch Acts wie Roots Manuva oder The Nextmen für Wirbel. Vielleicht ein Wendepunkt in der Historie der Unknown.
Christian Meier-Oehlke

»The Unknown« ist bereits bei Source/Virgin erschienen.
Mark B. & Blade treten am 18.8. im Rahmen von »Beats & Peaces« in der Live Music Hall auf.