Nachhaltiges Versicherungsprodukt: Obstbäume auf dem Gelände der Axa in Holweide

Blühende Wirtschaft

Die Umweltorganisation Nabu will Kölner Unternehmen helfen, ihre Standorte nachhaltiger zu gestalten

An einem Mittwochnachmittag Anfang März steht Marcus Nitzsche auf einer Wiese in Holweide zwischen Obstbäumen. Äpfel-, Birnen- und Quittenbäume, sogar ein Mandelbaum, alle nur wenige Jahre alt. Der Gartenbaumeister lehnt am zierlichen Stamm eines Apfelbaums und referiert über Jahres-Triebe, das ideale Verhältnis von Blättern und Früchten.

Er erklärt, wann man beim Baumschnitt zur Säge greifen und was man tun sollte, wenn die Wühlmaus kommt. Für Nitzsche gehören solche Workshops zum Berufs­alltag. Nur sein Publikum ist diesmal besonders. Es sind knapp 20 Angestellte des Versicherers Axa.

Die Schulung ist Teil von »Grün statt Grau«, einem Programm des Kölner Nabu. Der Umweltverband unterstützt damit Unternehmen, ihre Standorte naturnah zu gestalten, um Umweltschutz und Artenvielfalt zu stärken. Betriebe wie der Hauptverwaltungssitz der Axa in Holweide. »Wir wollen Unternehmen ermutigen, ihre Standorte ökologischer zu machen«, sagt Jana Romero vom Nabu. »Der Wunsch soll schon da sein, wir unterstützen dann.« Das Wichtigste sei, gemeinsam zu schauen, »was überhaupt möglich ist«, sagt die Geografin.

Nicht überall sind die Voraussetzungen so günstig wie bei der Axa am östlichen Stadtrand. Das Areal erstreckt über mehr als einen Hektar, zwischen den 13 Gebäuden sind Teiche und Wassergräben angelegt. Zudem ist das Gelände Eigentum des Konzerns. Der Standort an der Colonia-Allee sei »ein Leuchtturm«, so ­Romero. Es gibt Nistkästen für Vögel, Holzstelen für Wildbienen, eine Totholzhecke, im Winter wurde ein Wildstaudenbeet angelegt, bald sollen Fledermauskästen folgen. Einiges ist schon vor der Kooperation mit dem Nabu entstanden.

»Den meisten Unternehmen stehen aber nur kleine Flächen zur Verfügung. Dann gibt es oft noch einen Vermieter, der mitentscheidet«, sagt Romero. Doch ohnehin reiche ein geeigneter Standort nicht aus, wenn Unternehmen mehr Klimaschutz leisten wollten. »Nur wenn die Mitarbeiter einbezogen werden und Lust darauf ­haben, haben solche Maßnahmen Zukunft.« Zwar sei überall mehr Klimaschutz möglich. Wie man ihn erreiche, sei aber sehr unterschiedlich. »Manche Unternehmen sagen auch: Geh weg mit deinem wilden Zeug, das können wir hier nicht machen!«, sagt Rome­ro und lacht.


Wer täglich an einem Wildbienenhotel ­vorbeigeht, fragt sich vielleicht, warum Wildbienen gefährdeter sind als Honigbienen
jana romero, nabu köln

Beim Nabu beobachtet man eine steigende Nachfrage von Firmen. Denn für Unternehmer sind Klimaschutz-Maßnahmen gut für die Mitarbeiterbindung und fürs Image. Außerdem entstehen Orte, an denen sich Beschäftigte gern aufhalten, ihre Pausen verbringen, auch weil sie im Sommer Schatten an der frischen Luft finden. »Im besten Fall ist es eine Win-win-win-Situation«, sagt Romero, die sich bei großen Unternehmen ­einen »Multiplikatoreneffekt« ­verspricht: »Die Mitarbeiter sollen Lust bekommen, im Unternehmen was zu machen, aber auch was mit nach Hause nehmen für den Balkon oder Garten. Und wer auf dem Weg ins Büro täglich an einem Wildbienen­hotel vorbeigehe, frage sich vielleicht, warum Wildbienen gefährdeter sind als Honigbienen.«

Firmengelände ebenso wie Gewerbeimmobilien spielen eine entscheidende Rolle für Kölns Klimaschutz und Klimaanpassung. Die Areale bieten große Flächen und damit vielfältige Potenziale. Während Städte jedoch über Flächen wie Parks, Beete am Straßenrand oder auch städtische Gebäude selbst entscheiden können, sind Kommunen bei Maßnahmen an Unternehmensstandorten auch auf deren Bereitschaft angewiesen. Jana Romero vom Kölner Nabu sieht aber auch Vorteile: »Bei städtischen Flächen können Entscheidungsprozesse langwierig sein, weil man verschiedene Interessensträger einbeziehen muss. Bei Unternehmen läuft das schneller und unkomplizierter.« Vor allem schneller Klimaschutz ist in Köln gefragt. Im vergangenen Jahr hat die Stadt das sogenannte Strategiepapier »Klimaneutrales Köln 2035« vorgestellt. Es gilt als ambitioniert, aber auch als vage. »Die Verwaltung kann etwa 15 Prozent der Treibhausgasminderung beeinflussen«, sagt Kölns Umweltdezernent William Wolfgramm. »Das bedeutet, wir brauchen eine breite Allianz. Dazu gehören selbstverständlich auch private Unternehmen.«