Das Rätsel um Grembi
Bis zu 250 Jahre sind sie alt, die Bäume im etwa 72 Hektar großen Gremberger Wäldchen, gelegen am Autobahnkreuz Gremberg. Doch jetzt sind sie bedroht, weil das Bundesverkehrsministerium die A4 zwischen dem Kreuz Gremberg und Köln-Süd von sechs auf acht Spuren ausbauen will. Seit langem protestiert unter anderem die Bürgerinitiative A4minus dagegen — und Mitte Juni schließlich besetzten Aktivist*innen den Wald. Sie befürchten, dass schon im Oktober, wenn die Rodungssaison beginnt, erste Bäume gefällt werden könnten.
Am 3. Juli wurde die bis dahin geduldete Besetzung geräumt. Die Räumung habe man »in eigener Zuständigkeit« durchgesetzt, heißt es von der Polizei. Dabei löste diese auch eine Mahnwache auf, zu der sich Aktivist*innen dort schon seit längerem versammelt hatten. Als Form friedlichen Protests muss sie nicht genehmigt, sondern nur angemeldet werden. Dennoch habe man »auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes die Versammlung verboten und aufgelöst«, so die Polizei. Ihre Begründung: »Unter Missachtung der Auflagen und unter Inkaufnahme von erheblichen Gefahren haben sich Versammlungsteilnehmer nach Ver-sammlungsbeginn in den Wald und in das Dickicht begeben und mit dem Bau von teils massiven Baumhäusern begonnen«, so Polizeisprecher Gilles. »Diese Baumaßnahmen und die dadurch verursachten Schäden im Wald waren von der Versammlungsanzeige nicht umfasst.«
»Wir sind der Meinung, dass bei der Räumung demokratische Grundrechte ausgehebelt wurden«, so eine Aktivistin der Waldbesetzung, die sich Alix nennt. Besetzung und Mahnwache seien voneinander unabhängig gewesen. Zwei Eilklagen habe man nach der Räumung bereits eingereicht, so Alix.
Wir sind der Meinung, dass bei der Räumung demokratische Grundrechte ausgehebelt wurdenAlix, Aktivistin
Die Polizei hatte behauptet, die Besetzer*innen hätten aufgrund von Totholz erhebliche Gefahren in Kauf genommen. Für die Besetzer*innen ist dies lediglich ein Vorwand: Sie hätten erfahrene Baumpfleger in ihrer Gruppe und lange nach einem passenden Ort Ausschau gehalten, der für den Bau der Baumhäuser geeignet schien. »Zwei heftige Stürme haben wir in der Besetzung miterlebt, doch es ist nichts Ernsthaftes passiert«, so Alix.
Die Autobahn GmbH, die die Pläne zum Ausbau der A4 betreut, versicherte der Stadtrevue, es gebe »keinen Grund zur Annahme, dass Bäume im Zusammenhang mit dem Ausbau der A4 im Kölner Süden noch 2024 oder 2025 im Gremberger Wäldchen gefällt werden.« Ein Beginn der Baumaßnahmen für die A4plus sei frühestens für 2034 vorgesehen. Die Einschränkungen der »Erholungsfunktion des Gremberger Wäldchens« sollen durch den Ausbau so gering wie möglich gehalten werden, beispielsweise, indem Bauarbeiten von der Autobahn aus erfolgen. Auch die Gedenkstätte für Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, die sich im Wäldchen befindet, werde »durch den Ausbau nicht beeinträchtigt«, so ein Sprecher der Autobahn GmbH. Jedoch bestätigte er auch: Eine Maßnahme zur Sanierung und Erweiterung des Gremberger Autobahnkreuzes »ist unabhängig vom Ausbau der A4 im Kölner Süden für voraussichtlich 2025 geplant«. Von dieser Maßnahme sei das Gremberger Wäldchen aber nicht betroffen.
»Es ist für alle am Protest Beteiligten unglaublich ärgerlich, dass die Ausbaupläne so intransparent sind«, erklärt Alix. Auch die Stadt Köln teilt mit, dass ihnen »derzeit keine belastbaren Informationen vorliegen, in welchem Umfang Flächen des Gremberger Wäldchens bei einem Autobahnausbau der A4 in Anspruch genommen werden müssten.«
Derweil bleibt die wichtigste Forderung der Protestierenden, »dass die Politik die Pläne zum Ausbau nochmal überdenkt und sie letztendlich vom Tisch nimmt — zumal die Stadt Köln 2019 den Klimanotstand ausgerufen hat.« Allerdings ist es eine Entscheidung auf Bundesebene. Fridays for Future und die Kölner Grünen aus den Ortsverbänden Kalk, Porz und Rodenkirchen — also aus den Stadtteilen, die von den Bauarbeiten der A4 voraussichtlich stark betroffen sein werden — haben sich gegen den Ausbau ausgesprochen. In einer Stellungnahme vom 11. Juli fordern sie, »auf den geplanten Ausbau der A4 im Kölner Süden vollständig zu verzichten.« In Zeiten des Klimawandels seien Erweiterungen von Autobahnen »nicht mehr zeitgemäß«.
Infos zum geplanten Ausbau der A4: a4plus.koeln
Infos zum Protest: wald-statt-asphalt.net/grembi-bleibt