Nostalgisches Vergnügen: Drive In Autokino Köln Porz

Das Ende der Markt-Wirtschaft

Im Herbst schließt das traditionsreiche Autokino in Porz — wer trägt die Verantwortung?

Sollte sich Köln noch immer als Film- und Medienstadt apostrophieren, dann ist die Gleichgültigkeit erstaunlich, mit der nach 57 Jahren das Ende des Autokinos in Porz hingenommen wird. Ende Oktober wird es dort ein letztes Mal die romantische und charmant aus der Zeit gefallene Gelegenheit geben, mit dem Auto vor die 540 Quadratmeter große Leinwand zu rollen, das Autoradio auf die kinoeigene Sendefrequenz für den Ton zu stellen, einen Eimer Popcorn zwischen den Autositzen zu platzieren, um entspannt »Grease«, »Top Gun« oder aktuell »A Quiet Place: Tag Eins« zu sehen. Ein stiller Ort wird dann bis auf weiteres auch das 50.000 Quadratmeter große Areal in der Porzer Diaspora sein, wenn der Betreiber, die DriveIn Autokinos mit Sitz in Starnberg, den erst vor vier Jahren für 250.000 Euro gekauften neuen Projektor in Container gepackt und das Gelände endgültig geräumt hat.

»Seit dem beschlossenen Aus komme ich jeden Tag mit einem lachenden und einem weinenden Auge hierhin«, sagt Theaterleiter Thorsten Schiers im von Filmplakaten geschmückten Foyer seines Kinos, »ich habe immer große Freude an diesem besonderen Job gehabt«. Doch der letzte Kinoabend wird auch sein letzter Arbeitstag sein: »Nach 24 Jahren die Kündigung zu bekommen, das hatte ich mir persönlich anders gedacht«, sagt Schiers, und wirkt sehr angefasst. Das Kino habe sich aber für die Betreiber nicht länger rentiert, seit im März letzten Jahres die Wochen- und Trödelmärkte auf der Fläche verschwinden mussten, die immer zur Querfinanzierung des Kinos benötigt wurden. Mit lediglich einer Filmvorstellung am Abend sei die Pacht für den Platz nicht zu bezahlen. Das Aus des Kinos ist also gewissermaßen ein Kollateralschaden, denn politisch ging es in Porz seit Jahren um das Verbot der Märkte.

Das Aus des Kinos ist ein Kollateral­schaden, denn politisch ging es in Porz seit ­Jahren um das Verbot der auf dem Gelände stattfindenden Märkte

»Schon bei unserem 50sten Jubiläum 2017 sagte der damalige Porzer Bezirksbürgermeister Henk van Benthem zu uns: ›Die Schließungsunterlagen liegen bereits auf meinem Tisch, wir kriegen Sie hier weg‹«, erinnert sich Schiers an die Glückwünsche durch den CDU-Politiker. Wenige Jahre später war es dann der Porzer CDU-Stadtrat Werner Marx, der das endgültige Aus besiegelte, indem er die Märkte von den Kinoparkplätzen verbannen ließ. »Es gab immer wieder Anwohnerbeschwerden zu den Märkten«, argumentiert Marx, »bei einer Prüfung durch die Verwaltung hat sich dann gezeigt, dass für die Märkte keine Baugenehmigung vorlag«. Das Kölner Verwaltungsgericht bestätigte das Aus für die Markthändler, die seit den 80er Jahren dort ihre Stände mit günstigen Angeboten aufgebaut hatten. Genau darin sieht SPD-Stadtrat Pascal Pütz das wahre Problem: »Auf den Märkten haben Menschen mit geringen Einkommen eingekauft und weiter hinten stehen Häuschen, die ein paar Euro mehr kosten, und deren Bewohner haben halt keinen Bock, an ärmeren Menschen vorbeizufahren, die da ihre notwendigen Einkäufe machen.« Dass die Märkte zu viel Müll hinterließen, das sei nur vorgeschoben, behauptet Pütz und Theaterleiter Schiers pflichtet ihm kopfschüttelnd bei: »Das Thema war an den Haaren herbeigezogen, wir haben uns die Müllbeseitigung regelmäßig 6000 Euro kosten lassen.«

Auch eine Online-Petition mit 15.000 Unterschriften für den Erhalt des Drive-In-Kinos zeigte keine Wirkung und so verlieren neben Schiers auch 23 Minijobber ihre Arbeit im Autokino. Naheliegend die Frage, ob eine Änderung des Bebauungsplans das Ende der Märkte und des Kinos hätte verhindern können. Ja, sagt SPD-Mann Pütz, einen entsprechenden Antrag hätten seine Partei, FDP und Linke auch gestellt, aber die Ratsmehrheit aus CDU, Grünen und Volt habe abgelehnt. Marx wiegelt ab: »So eine Änderung dauert eineinhalb bis zwei Jahre, das war dem Betreiber zu lang.« Ob der Betreiber also eine Mitschuld am Aus seines Kölner Kinos trage? »Ja, dem war bekannt, dass das illegal war, ich habe in Gesprächen darauf hingewiesen«, so Marx. Die Verwaltung müsse irgendwann handeln. Damit zum Buhmann zu werden, sei grotesk, findet der Politiker.

Eigentümer des Areals ist die Mehl-Mühlens-Stiftung. Über deren Pläne zur künftigen Nutzung nach dem Ende des Autokinos, das zu den letzten fünf seiner Art in Deutschland zählt, ist noch nichts bekannt. Sicher ist nur, dass die Stadt einen weiteren und einen ganz besonderen Verlust in der Kinolandschaft erleidet. Und daran aktiv mitgewirkt hat.