Nach zehntausend Stunden geht es los: Engagierte in Kalk. Foto: Thomas Schäkel / Stadtrevue

Pioniere ab sofort

Nach vielen Querelen findet in den Hallen Kalk endlich Programm statt

»Wir sind jetzt das erste Mal offiziell und erlaubt auf dem Gelände«, sagt Dominikus Moos. Er steht auf dem Osthof der Hallen Kalk, hinter ihm ein Wimmelbild, wie es dort einmal aussehen soll: der Kulturhof Kalk mit Urban Gardening, Ateliers und Proberäumen, das inklusive Kunsthaus Kalk und das Kreationszentrum Zeitgenössischer Zirkus (CCCC), bei dem Moos selbst im Vorstand ist.

Seit Ende Juli findet nun endlich Programm auf dem Osthof statt: eine Reihe von Open-Air-Veranstaltungen namens »Kalkairs«. Den Auftakt machte der Kölner Musiker Mik Quantius, der auf dem ehemaligen KHD-Gelände früher Traktoren montiert hat. Bis Mitte Oktober folgen Lesungen, Performances, Open-Air-Kino und weitere Konzerte. Das CCCC will ein Festival veranstalten, das Kunsthaus Kalk eine Summer School. »Dann geht es in die Wintersaison, und nächsten Sommer geht das Programm weiter«, sagt Meryem Erkus vom Kunsthaus Kalk. Es soll eine Pioniernutzung sein, die den Grundstein für weitere Aktivitäten legt.

Wir sind jetzt beim ›sofort-sofort‹ Meryem Erkus

Einen Sommer zuvor, im ­August 2023, sah es nicht danach aus, als würde auf dem Gelände überhaupt etwas möglich gemacht werden können. Sechs Jahre nach dem Ratsbeschluss zog sich die »Montag Stiftung Urbane ­Räume« aus dem gemeinwohlorien­tierten Projekt »Hallen Kalk« zurück. Die Stadt Köln sei keine Partnerin, auf die man sich verlassen könne, hieß es damals. Der Rückzug hinterließ eine Finanzierungs­lücke, die bis heute nicht geschlossen ist, und schreckte auch die Stadtverwaltung auf. Das Resultat waren zwei Workshop-Tage im Juni, bei dem sich alle zuständi­gen Ämter und die Initiativen auf dem Gelände zusammengesetzt haben. »Das war intensive Arbeit«, sagt Roman Jungblut vom Kulturhof Kalk. »Aber sie hat das Verständnis dafür geschärft, dass die Initiativen schon Zehntausende Stunden der Beschäftigung mit dem Gelände gesammelt haben.«

Resultat des Workshops war ein Fünf-Punkte-Plan. Neben Bekenntnissen zu einer gemeinwohl­orientierten Entwicklung der Hallen Kalk in Zusammen­arbeit von Stadt und Initiativen enthält er vor allem einen groben Zeit­rahmen für die weitere Entwicklung des Areals, für den eine Unter­suchung des Bauzustands die Basis bildet. »Wir sind jetzt beim ›sofort-sofort‹«, sagt Meryem Erkus. Neben den Open-Air-Veranstaltungen gehört dazu, zwei Hallen möglichst schnell nutzbar zu machen: in ­einer, der Halle 66, sollen offene Werkstätten eingerichtet werden, die andere, Halle 63, will das CCCC für den Proben- und Werkstatt­betrieb nutzen. »Eigentlich hätte dafür eine Nutzungs­änderungs­anzeige genügt«, sagt Erkus. Aber da die Initiativen nun doch einen Bauantrag stellen mussten, konnte damit nicht wie geplant schon Anfang August begonnen werden. Kurzfristig soll zudem das Kunsthaus Kalk die Halle 67 für seine Summer School nutzen können, bei der behinderte Künstler:innen und Architekturstudierende gemeinsam Kalk kennenlernen sollen. Momentan lagert der Zirkus Roncalli dort Geräte, in Zukunft soll die Halle als Handwerkshof dienen. ­Geplant ist für die fernere Zukunft, dass das Kunsthaus in Halle 60 zieht, die jedoch momentan einsturz­gefährdet ist. »Mittelfristig steht dann die Suche nach Finanzie­rungs­modellen an«, sagt Meryem Erkus. Viele der kulturellen Aktivitäten sollen durch die Nutzung eines Gebäuderiegels an der Dillen­burger Straße als Büro-, Coworking- und Proberaum-Gebäude querfinanziert werden, der dafür jedoch erst saniert werden müsste. Dafür muss nach dem Ausstieg der Montag Stiftung nun eine neue Alternative gefunden werden. Lang­fristig streben die Initiativen einen Erbpachtvertrag an, mit dem dann auch die komplette Sanierung angegangen werden könnte. »Aber das wird dauern« sagt Meryem ­Erkus. Und auf Nachfrage fügt sie mit einem wissenden Lachen hinzu: »Später als 2029.« 

Infos zum Open-Air-Programm: kalkairs.de