Bauchaos — und wer räumt auf?

Entscheiden statt zur Kenntnis nehmen

Köln braucht eine Diskussion über Großbau­projekte — aber die Politik sträubt sich

Großbauprojekte — das klingt längst nicht mehr verheißungsvoll, sondern nach Kostenexplosion und Terminverschiebung. Beispiele gibt es zuhauf, gerade in Köln. Dass die Opernsanierung je abgeschlossen wird, bezweifeln auch immer mehr Menschen, die mit dem Projekt vertraut sind. Da tröstet es nicht, wenn Stuttgart ein ähnliches Desaster bevorsteht.

So vieles liegt in Köln im Argen. Das erlebt jeder im Alltag: im ÖPNV, an den städtischen Schulen und Kitas, bei der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung — ganz zu schweigen von der kaum spürbaren Anpassung an den Klimawandel und ­einer zögerlichen Verkehrswende. Aber statt eine Vorstellung zu entwerfen, wie Köln nicht nur für Event- und Party-Touristen attraktiv sein kann, sondern auch für die, die hier leben, versteift sich die Politik gern auf Großbauprojekte — und steht es auch noch so schlimm um die städtischen Finanzen. Aber die Kölner Großbauprojekte — beschlossene, stockende, noch zu ­planende — brauchen eine ganzheitliche Betrachtung, es geht um Ressourcen: finanzielle, personelle und nicht zuletzt die CO2-Bilanz.

Die Kölner Großprojekte brauchen eine ganzheitliche Betrachtung, es geht um Ressourcen: finanzielle, personelle und nicht zuletzt die CO2-Bilanz

Im Oktober 2022 hat OB Henriette Reker eine Liste vorgelegt: 122 Projekte, die je mindestens 10 Mio. Euro verschlingen — insgesamt rund 7,7 Mrd. Euro. Reker forderte eine Priorisierung — wobei viele Projekte schon Kosten verursacht haben, weil sie geplant oder schon begonnen wurden. Andere sind unvermeidlich, weil die Kommunen verpflichtet sind, Infrastruktur in Stand zu halten. Schnell wird klar: Es ist insgesamt längst schon zu viel. All das ist kaum zu schaffen, und wie viele Großbaustellen verkraftet diese Stadt überhaupt noch?

Zwei Jahre sind vergangen, die Politik nahm zur Kenntnis — und priorisierte nichts. Reker wirkt genervt. Nun hat sie selbst priorisiert und sagt, auf was verzichtet werden soll: Erweiterung der Hohenzollernbrücke, neue Stadtbahnlinie 17 nach Niederkassel, Verlängerung der Linie 4 nach Niederaußem, Umgestaltung von »Uniboulevard« und Komödienstraße, ­Generalsanierung mehrerer Museen...

Rekers Prioritätenliste mag zu kritisieren sein, aber sie bietet einen Anlass, zu prüfen, endlich zu priorisieren, ­­­­­Vor- und Nachteile abzuwägen — das ist vielleicht das wichtigste Großprojekt.