Hallo, Taxi?
»Ich nehme viel am Nachtleben teil«, sagt Thomas Schmitz. Der 27-Jährige arbeitet beim Assistenz Kollektiv Köln und geht in der Freizeit gerne feiern. Nur der Weg von seiner Wohnung in Hürth ist für ihn etwas umständlicher als für andere Menschen: Schmitz sitzt im Rollstuhl. »Ich bin auf den barrierefreien ÖPNV angewiesen«, sagt er. Wenn Fahrstühle an den Haltestellen defekt sind oder Bahnen ausfallen, ist ein barrierefreies Taxi die einzige Alternative.
Der Preis dafür ist für Thomas Schmitz schwer kalkulierbar. Medizinisch notwendige Fahrten bekommt er von der Krankenkasse erstattet, Fahrten in seiner Freizeit bezahlt er selbst: »Dort muss ich dann oft einen Aufschlag von 15 bis 20 Euro zahlen«, erzählt er. Als er einmal bei einem Taxifahrer nach dem Grund dafür fragt, sagt dieser: die Beförderung eines Rollstuhlfahrers.
RETTET DIE STADTREVUE! – wir brauchen euch jetzt ›››
Erlaubt ist das nicht. Die Kölner Taxiordnung sieht einen Aufschlag für die Beförderung von Menschen im Rollstuhl nicht vor. Weder die Fahrer:innen noch die Taxiunternehmen dürften einen Zuschlag für Rollstühle erheben, schreibt die Stadt Köln: »Ein solcher Zuschlag widerspricht dem Inklusionsgedanken.« Werde er dennoch erhoben, solle man dies dem Ordnungsamt melden. »Ich habe die hohen Preise für Taxifahrten lange als gegeben hingenommen«, erzählt Schmitz. Eine Fahrt mit dem Inklusionstaxi von Ibrahim Coban, habe ihm gezeigt, dass es auch anders gehe.
Coban ist am Eigelstein aufgewachsen und betreibt seit 2016 ein Taxiunternehmen. In der Corona-Pandemie hat er öfters einen Kunden transportiert, der wegen Multipler Sklerose auf einen Rollstuhl angewiesen war und Hilfe beim Ein-und Aussteigen benötigte. »Da habe ich gemerkt, dass ich das gut kann und mir gedacht: Mach was draus!«, erzählt Coban. Er bildete sich für die Beförderung behinderter Menschen fort und kaufte mithilfe des Sozialverband Deutschland (SOVD) 2022 sein Inklusionstaxi. Es besitzt eine Rampe, um den Rollstuhl direkt ins Heck des Taxis zu schieben. Dort wird er mit speziellen Gurten gesichert. Eine ausklappbare Rücken- und Nackenstütze lässt den Transport von Rollstühlen mit weicher Lehne zu, wie sie etwa im Behindertensport eingesetzt werden und gibt zusätzliche Stabilität. Die restlichen Sitze im Heck sind dem Rollstuhl zugewandt, so dass es leicht ist, während der Fahrt zu sprechen.
»Bis zu sechs Minuten Mehraufwand« habe er, um einen Rollstuhl in seinem Inklusionstaxi zu transportieren, erzählt Ibrahim Coban. Diese Zeit berechnet er nicht. »Der Dank kommt irgendwie immer zurück«, sagt er, »durch ein Lächeln oder durch Trinkgeld.« Einen besonderen Aufwand bedeutet es für Coban dennoch: Um seine Fahrgäste etwa bei einem Arztbesuch bis in die Praxis begleiten zu können, musste er eine zusätzliche Versicherung abschließen.
Die Nachfrage ist ungebrochen: Er müsse aktuell zehn Prozent aller Anfragen für eine Fahrt ablehnen, sagt Coban: »Es gibt nur drei Taxis wie meins in Köln.« Das Personenbeförderungsgesetz schreibt vor, dass in einem Taxiunternehmen mit mehr als 20 Fahrzeugen fünf Prozent barrierefrei sein müssen. In Köln fiele nur ein Taxi-Unternehmen darunter, teilt die Stadt mit. Es erfülle die gesetzlichen Anforderungen.
»Als Rollstuhlfahrer ist es schwierig, an ein Taxi zu kommen«, sagt Thomas Schmitz. Viele Taxiunternehmen würden solche Fahrten ablehnen, weil der Aufwand hoch sei. Er wünscht sich, dass eine Fahrt mit dem Rollstuhl finanziell nicht anders behandelt wird als ohne. Vorbild könnte Irland sein, wo die teure Anschaffung eines barrierefreien Taxis bezuschusst werde, erzählt er. Im Gegenzug müssten die Taxiunternehmen auf Aufschläge verzichten. Schmitz ist skeptisch, ob dies auch in Deutschland möglich ist: »Das Thema hat keine Lobby.«