Seit fast fünf Jahrzehnten selbstverwaltet: das Stadtrevue-Kollektiv

Wir brauchen euch jetzt!

Die Lage der Stadtrevue ist bedroh­lich ernst, aber der ­große Zu­spruch macht Mut, sagt Christoph ­Gansl­meier von der Geschäfts­führung der Stadtrevue

»Rettet die Stadtrevue« — das ist der Slogan, mit dem sich die Stadtrevue seit Anfang November an die Öffentlichkeit wendet. Wie ernst ist die Lage?

Sehr ernst! Uns droht das Aus. Vom Erfolg unseres Aufrufs hängt ab, ob es die Stadtrevue in einem halben Jahr noch gibt, oder ob wir fast 50 Jahre nach der ersten Ausgabe aufgeben müssen.

Was ist denn nötig, damit die Stadtrevue überlebt?

Unser Ziel sind 2000 neue Abos bis Anfang 2025. Das ist ambitio­niert, aber die Zahl, die wir nunmal brauchen. Die ersten Reaktionen sind sehr ermutigend. Wir haben sehr viel Zuspruch erhalten und freuen uns über mehr als 500 neue Abos in kurzer Zeit. Jetzt müssten wir diesen schwung­vollen Start nur noch in eine Sensation verwandeln. Und sollte sich auf diesem Weg vielleicht ein edler Mäzen finden: Wir empfangen ihn mit dem leckersten Bürokaffee und Keksen! Ich möchte aber auch betonen, dass es uns nicht um eine Charity-Aktion geht. Wir haben ja etwas anzubieten: gute Arbeit, ein gutes Produkt! Und uns hilft besonders, wenn unsere Leser:innen die Stadtrevue in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis bekannter machen können. Für viele mag unsere Existenz selbstverständlich sein, aber das ist sie nicht! Wir müssen jetzt auch neue Leser:innen für die Stadtrevue gewinnen.

Für viele mag unsere Existenz selbstverständlich sein, aber das ist sie nicht!

Es geht also darum, die wegbrechenden Werbeeinnahmen durch neue Leser:innen auszugleichen?

Auf jeden Fall wollen wir uns unabhängiger von Werbeeinnahmen machen. Wir brauchen aber unbedingt auch mehr und neue Anzeigen! Vielleicht ist vielen gar nicht klar, wie sehr der Journalismus jenseits des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks auf Anzeigen-Erlöse angewiesen ist. Selbst bei einer Verdopplung des Verkaufspreises kämen wir nicht ohne Anzeigen aus, dann wäre die Stadtrevue aber für viele Menschen nicht mehr bezahlbar.

Also, liebe Werbe­kund:innen: Was könnte ein stärkeres Argument sein als Leser:innen, die derart für ihr Magazin kämpfen?

Eine Reaktion auf den Hilferuf war ja auch, dass Leute fragen: »Die Stadtrevue ist doch eine Institution, wie kann es euch denn schlecht gehen?« Die Frage würde ich gerne weitergeben: Warum hat sich die Situation so dramatisch zugespitzt?

Schon die Pandemie-Jahre waren für uns mit existenzbedrohenden Umsatz-Einbrüchen verbunden. Ohne die Corona-Hilfsmaßnahmen hätten wir das nicht geschafft, das muss man klar sagen. Wir haben in dieser Zeit aber viel angepackt: Zum Beispiel haben wir die Stadtrevue neu gestaltet und unseren Gastro-Guide Tagnacht neu konzipiert, unsere tollen, neuen Online-Ange­bote, den Veranstaltungskalender und das Kino­programm, an den Start gebracht, den Kontakt zu unseren Leser:innen und Werbekund:innen gesucht.

Aber die für uns alles entscheidenden Werbe-Umsätze haben einfach nicht mehr das Niveau erreicht, das sie vor der Pandemie hatten. Dann kamen noch die schmerz­haften Kostensprünge der letzten beiden Jahre, etwa für Papier und Energie. Jetzt sind unsere Reserven aufgebraucht.

Wir ­reden aber eben nicht nur von einer Krise der Stadt­revue oder der Print­medien, sondern von einer Krise des Journalismus — und besonders des Lokaljournalismus. Der ist über­all in seiner Vielfalt und seiner Qualität bedroht, denn es gibt für ihn nach wie vor keine ökonomische Perspektive im digitalen Zeitalter. Und dass er nach und nach verschwindet, ist ein bedrückender Gedanke.

Die Berliner Tageszeitung taz will ab nächstem Jahr nur noch als digitale Ausgabe täglich erscheinen. Ist ein ähnliches Modell auch eine Option für die Stadtrevue?

Aktuell ist die Antwort ein klares »Nein«, und die Rechnung ist einfach: Die Kosten für Druck und Vertrieb liegen bei der Stadtrevue immer noch weit unter den Anzeigen-Erlösen einer Druck­ausgabe. Wir müssen die Stadtrevue ja auch nicht täglich drucken lassen, sondern nur einmal im Monat. Online lassen sich anderer­seits kaum Werbe-Einnahmen erzielen. Wir würden unsere Situation also mit einem Online-Only-Modell finanziell nur ver­schlechtern. Außerdem haben wir, glaube ich, viele Leser:innen, die gerade das klassische, gedruckte Magazin, das Blättern, die schöne Auf­machung mögen. Wir arbeiten aber schon an einer Online-Version nur für unsere Abonnent:innen, die sie dann zusätzlich zum Heft nutzen können. Dafür haben wir auch bereits viel Unterstützung bekommen. Zurzeit schaffen wir die techno­logischen Voraussetzungen und hoffen, im Lauf des kommenden Jahres soweit zu sein.

Die äußeren Bedingungen für Journalismus werden nicht einfacher werden — was macht dich zuversichtlich, dass die Stadtrevue diese Krise überstehen kann?

Dass die Stadtrevue von Menschen gemacht wird, die mit geringen Ressourcen ein gutes Magazin machen, von Menschen, die das gerne und mit hohen Ansprüchen machen. Dass es ein vergleichbares Magazin in kaum einer anderen deutschen Stadt gibt — und eine Millionenstadt ohne ein profiliertes Stadtmagazin wäre doch ein trauriges Bild! Dass in unserem Magazin viele Communitys, Initiativen, Per­spektiven Öffentlichkeit erhalten. Dass wir seit fast fünf Jahrzehnten als selbst­verwaltetes Kollektiv mit Einheitslohn gut arbeiten — damit sind wir eine Ausnahme in der Medienlandschaft, nicht nur in Köln.

Ich könnte noch zig andere Gründe nennen, aber was mir in den letzten Tagen wieder besonders klar geworden ist: Wir haben einfach ein tolles, treues und interessiertes Publikum. Dafür möchte ich ein Riesen-Dankeschön sagen! Das macht Mut, dass es möglich ist, auch eine derart schwere Krise zu meistern.

Christoph Ganslmeier hat schon 1988 als Praktikant in der Stadtrevue Satzfahnen mit Reißschiene und Skalpell bearbeitet. Seit 1992 arbeitet er in der Grafik, seit 2020 ist er Teil der Geschäftsführung