Eene, Meene, Miste …
Vor einem Jahr feierte der erste Teil von Ani Schulzes Video-Serie »The Convent of Pleasure« in der Moltkerei Werkstatt Premiere — nun ist die siebte Episode des an eine Soap-Opera angelehnten Projekts fertig und wird als Teil einer begehbaren Installation gezeigt. Gleich beim Betreten der hellen Hinterhofräume auf der Moltkestraße werden die Besucher*innen zum Teil des Settings: auf gelben Teppichen stehen vor blassgrünen Holzwänden, an denen die Videoscreens angebracht sind, hellblaue Stühle an Cafétischen und fügen sich zu einem abgestimmten Farbensemble, in dem man Platz nehmen darf.
Fast identisch sind die beiden Kojen: Das Motiv der Wiederholung oder Dopplung zieht sich durch die gesamte Ausstellung. So tauchen Wesen aus dem Film, kleine in Stoff gehüllte Puppen im Ausstellungsraum wieder auf, und Requisiten aus einzelnen Filmszenen finden sich in den großen Aquarellen an den Wänden wieder.
Die Idee zum »Convent of Pleasure« kam der Künstlerin durch die gleichnamige Komödie von Margaret Cavendisch aus dem Jahr 1668. Darin beschließt eine Gruppe Frauen, eine Gemeinschaft ohne Männer in einem Kloster zu gründen. Ohne es groß zu thematisieren, webt Ani Schulze reale und fiktive Frauenfiguren und deren Geschichten in ihre Videos ein. Die Protagonist*innen tragen simple bemalte Masken, wodurch ihre Gesichter unkenntlich werden. Sie schlüpfen in eine Rolle, aber welcher Mensch dahintersteckt, ist zweitrangig. Damit spielt Ani Schulze auch auf den Kanon der Kunstgeschichtsschreibung an, in dem Frauen bestimmte Rollen zugeteilt werden (die Pionierin, die Autodidaktin, die Frau unter Männern etc.), aber um die eigentliche Person geht es dabei weniger.
Gedreht wurden die Episoden in Paris, Porto und Buenos Aires. Nachdem die erste Episode um die Gründung des Convents kreist, ist das Kloster in Episode 7 bereits gut etabliert. Wir sehen die Bewohner*innen in Big-Brother-ähnlichen Szenen bei alltäglichen Tätigkeiten wie Schlafen oder Zähneputzen. Doch nun muss jemand gehen — kindliche Abzählreime, die auf Englisch vorgetragen herrlich-absurde Bilder erzeugen, enden damit, dass einer aus der Gemeinschaft geworfen wird. Warum bleibt offen. Vielmehr geht es um das willkürliche Ausgeschlossen-Werden aus Gemeinschaften, das sich auf globale gesellschaftliche Entwicklungen bezieht. Humorvoll und brutal zugleich, wie Kinderspiele — oder das Leben.
Ani Schulze, »The Convent of Pleasure — Ticking Time«, Moltkerei Werkstatt, Moltkestr. 8, bis 7.12., Sa & So 15–18 Uhr