Bekommt der Wasserturm bald Gesellschaft? Blick vom Bürgerpark Kalk auf die Köln-Arcaden

Der Turmbau zu Kalk

Ein neues Großprojekt an den Köln-Arcaden stößt auf Kritik bei Anwohnern

»Hier soll ein Büro-Tower hin, 17 Geschosse. Können Sie sich vorstellen, wie hoch das ist?«, sagt Thea Kuhs. Sie und Dieter Meier stehen auf dem östlichen Parkdeck der Köln-Arcaden in Kalk. Hier und an der Stelle des anderen Parkhauses hinter dem Einkaufszentrum soll das »Stadtquartier Köln Arcaden« entstehen: laut einer Vorstudie des Planungsbüros Astoc gut 20.000 Quadratmeter Bürofläche, 108 Wohnungen, 56 Seniorenwohnungen sowie 80 Pflegebetten, dazu eine Kita. Auch Parkplätze sollen wieder entstehen, etwas weniger als derzeit. Bauherr ist Union Investment, der Betreiber der Köln-Arcaden.

»Kalk ist so dicht bebaut wie kein anderer Stadtteil. Wir brauchen mehr Grün und nicht noch mehr Bebauung, die noch mehr Verkehr mit sich bringt«, sagt Dieter Meier. Meier und Kuhs wohnen im Quartier Colonia, einer Neubausiedlung, die wie das Einkaufszentrum auf dem früheren Gelände der Chemischen Fabrik Kalk steht. Dazwischen liegt der Bürgerpark, eine der wenigen Grünflächen in Kalk. Kuhs und Meier gründeten eine Bürgerinitiative, um den Bau zu verhindern oder zumindest abzumildern.

Eine Planungswerkstatt, die die Stadt Köln Mitte März durchführte, stimmte die beiden etwas optimistischer, weil sie ihre ­Argumente einbringen konnten, aber auch, weil drei der vier Architekturbüros auf den »Hochpunkt«, das Bürohochhaus, verzichten wollten. Ein Team schlug vor, die Parkhäuser zu erhalten und in Holzbauweise aufzustocken, insgesamt neun Geschosse hoch. Ein anderes möchte die Verbindung zwischen Bürgerpark und Köln-­Arcaden verbreitern und begrünen.

»Auch die Planer haben durch die Blume gesagt, dass sie die ­Aufgabenstellung kritisch sehen«, sagt Boris Sieverts, Aktivist und Künstler. Der Grundfehler aber bleibe bestehen: eine zu dichte Bebauung, ohne Rücksicht auf die Bedarfe des Viertels. »Die Stadt könnte im Rahmen des ­Bebauungsplanverfahrens viel weitreichendere Vorgaben machen, ­stattdessen wird einseitig das ­Investoreninteresse bedient«, so Sieverts. Derzeit greifen nur die Regeln des Kooperativen Baulandmodells, das 30 Prozent geförderte Wohnungen und einen gewissen Anteil Grün und Spielflächen vorschreibt. Allerdings betrifft das nicht den Bau der Senioren- und Pflegewohnungen. Die Stadt argumentiert mit »dem massiven Bedarf, in diesem Segment zusätzliche Angebote zu schaffen«. Die Anwohner überzeugt das nicht: »In Kalk gehören gerade auch die Älteren nicht zu den Besserverdienenden«, sagt Dieter Meier. So aber sollen gerade mal 36 geförderte Wohnungen und nur wenig zusätzliches Grün entstehen.

Wir brauchen mehr Grün — und nicht noch mehr Bebauung, die noch mehr Verkehr mit sich bringtDieter Meier, Anwohner

Politiker aus dem Stadtentwicklungsausschuss sprechen gar nur von einer »Aufwertung der ­bestehenden Grünflächen«, also des Bürgerparks. Die Kritik können sie kaum nachvollziehen. »Da wird aus der Rückseiten-Situation mit den Parkhäusern eine weitere Vorderseite gemacht. Es wird menschenfreundlicher«, sagt Sabine Pakulat (Grüne). Es sei sinnvoll, Parkhäuser für Wohnen und Gewerbe umzunutzen, das bringe Kalk »hochwertige Arbeitsplätze«. Auch Niklas Kienitz (CDU) findet: »Gerade ein solcher Nutzungsmix schafft urbanes Leben und belebt den Stadtteil dauerhaft.« Was mögliche Vorgaben an Investoren betreffe, sei für ihn klar: »Wer bereit ist, in solch einem Bestandsareal zu investieren, verdient Unterstützung, keine zusätzlichen Hürden.« Man sei den Eigentümern »dankbar«, dass sie sich engagieren und »zur positiven Entwicklung des Viertels beitragen wollen«. Selbst die Linke sieht das Vorhaben entspannt: »Wir sind nicht grundsätzlich dagegen«, sagt Michael Weisenstein. »Aber die Gesamtzahl der Parkplätze muss auf jeden Fall ­reduziert werden.« Außerdem sei es wichtig, dass es neben dem ­Seniorenwohnen auch Sozialwohnungen in ausreichender Zahl ­geben werde. »Und natürlich darf der Bürgerpark durch das Projekt nicht über Gebühr in seiner Er­holungsqualität eingeschränkt ­werden.« Zudem habe der Workshop gezeigt, dass es auch eine ­moderatere Höhenentwicklung ­geben könne als 17 Stockwerke.

Schon der Bau der Köln-Arcaden vor 20 Jahren sei Ausdruck von städtebaulicher Ignoranz gegenüber dem Stadtteil gewesen, sagt Boris Sieverts. Das Einkaufszentrum riegelt die neuen Siedlungen und den Bürgerpark gegenüber der Hauptstraße ab; jahrelang mussten die Bewohner des Quartier Colonia dafür kämpfen, dass sie nach Ladenschluss zumindest bis 24 Uhr den Durchgang der Köln-Arcaden nutzen können, obwohl der Investor dies vorher zugesagt hatte. »Wir fordern, dass die Politik das Verfahren wieder öffnet und die Aufgabenstellung geändert wird«, sagt Sieverts. »Zumindest aber muss es mehr Angebote fürs Viertel geben, etwa eine Quartierssporthalle oder Räume zur gemeinschaftlichen Nutzung.« Das fordern auch Vertreter der Stadtteilkonferenz Kalk, in der etwa Schulen und ­soziale Träger organisiert sind. In ­einem Offenen Brief forden sie auch, das Bauvorhaben an die ­Klimaziele anzupassen. Unterdessen geht das aktuelle Planungsverfahren weiter: Am 2. Juni wird bei einer Abschlussveranstaltung der Siegerentwurf verkündet.