»Fusionsbedingte Nachteile«

Die Energie- und Verkehrsbetriebe von Köln und Bonn schließen sich zusammen

Eine gute Nachricht macht allmählich die Runde: Die KVB soll es bald nicht mehr geben. Streng genommen gibt es sie womöglich schon jetzt nicht mehr. Denn wenn sich die Kölner und Bonner Stadtratsmehrheiten, wie allgemein erwartet, nach jahrelangem Hickhack im kommenden Monat endlich einigen sollten, werden die Verkehrsbetriebe beider Städte fusionieren – mit wirtschaftlicher Rückwirkung zum 1. Januar 2003. »Köln-Bonner Verkehrsbetriebe« (KBV) lautet der Arbeitstitel. Auch die Energie- und Wasserbetriebe beider Städte, die Energie- und Wasserversorgung Bonn/Rhein-Sieg (EnW) und die Kölner GEW RheinEnergie, sollen fusionieren.
»Die Zusammenarbeit der beiden Städte auf dem Sektor Energie und auch im Bereich öffentlicher Nahverkehr hat Signalwirkung für ganz Europa und wird Beispiel geben für viele ähnliche Kooperationen«, so GEW-Vorstandschef Helmut Haumann.

Bedenken der Bonner CDU und FDP

Die Aufsichtsräte sind sich inzwischen einig, doch die Politiker pokern noch. Der Kölner Rat sprach sich am 27. März einstimmig für die Fusion aus. Doch wie immer, wenn der Durchbruch geschafft schien, kamen der Bonner
CDU-Mehrheitsfraktion Bedenken, Bonn könne mit der Fusion finanziell schlechter dastehen als ohne. Bei der Bonner Ratssitzung am 13. März lehnten CDU und FDP den Entwurf von Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) ab und setzten einige Änderungen durch. Danach sollen »fusionsbedingte Nachteile« für Bonn grundsätzlich ausgeschlossen werden. Die Höhe des von Bonn zu zahlenden Verlustausgleichs für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) soll ab dem Jahr 2007 auf jährlich 29,6 Millionen Euro festgeschrieben werden. In der ursprünglichen Fassung war dies lediglich als Wunsch formuliert worden.

Europaweite Ausschreibungen im Nahverkehr

Nachteile für Bonn befürchten auch die Mitarbeiter der Stadtwerke Bonn (SWB). Rund 150 demonstrierten vor dem Stadthaus. Sie wehren sich dagegen, künftig in Köln arbeiten zu müssen und fürchten um ihre Arbeitsplätze. In Bonn sollen nur Werkstatt-Mitarbeiter und Busfahrer verbleiben.
Trotz der neuerlichen Querelen glaubt kaum jemand, dass die Fusion noch scheitern wird. Denn die Vorstellung, Bonn könnte ohne Fusion besser dastehen als mit, könnte sich schon bald als irrig erweisen. In den nächsten Monaten wird ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes erwartet, das europaweite Ausschreibungen im ÖPNV zur Pflicht machen könnte. Sollte dies geschehen, dürfte die KVB es wohl schwer genug haben, im Wettbewerb zu bestehen, die kleinen Bonner Stadtwerke aber wären gegen die großen international operierenden Verkehrsunternehmen wie Stagecoach oder Vivendi-Connex vermutlich chancenlos.

Wegrationalisierte Arbeitsplätze

Für die Fahrgäste soll die Fusion nur Vorteile bringen, versprechen KVB und SWB. Tatsächlich dürften sich die Veränderungen für die Kunden aber wohl in Grenzen halten. Auf den Stadtbahn-Linien 16 und 18, die schon immer gemeinsam von KVB und SWB betrieben wurden, muss künftig nicht mehr unbedingt ein Bonner Fahrer mit einer grünen Bonner Bahn und ein Kölner Fahrer mit einer roten Kölner Bahn unterwegs sein. Bei Pannen könnte so künftig vielleicht schneller für Ersatz gesorgt werden. Die Politiker dagegen bekommen die Folgen der Fusion deutlicher zu spüren: Etliche der begehrten Vorstands- und Aufsichtsratsposten fallen weg.
Wegrationalisiert werden natürlich auch zahlreiche Arbeitsplätze – nur so sind die geplanten Einsparungen zu realisieren. Die Kölner Verkehrsbetriebe wollen bis 2009 insgesamt 25,9 Millionen Euro einsparen und 250 von derzeit 3.300 Stellen abbauen. Die vereinigten »Köln-Bonner Verkehrsbetriebe« werden zunächst rund 4.500 Menschen beschäftigen, neu eingestellte Mitarbeiter verdienen nach dem Spartentarifvertrag Nahverkehr NRW rund 25 Prozent weniger als Altmitarbeiter. Die GEW Rheinenergie soll künftig 3.460 Mitarbeiter beschäftigen und rund 2,5 Millionen Menschen mit Strom, Gas und Wasser beliefern.
In den vergangenen Jahren seien bei der KVB bereits zahlreiche Arbeitsplätze abgebaut worden, sagt Roland Schüler vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), etwa in den Werkstätten. Dies habe unter anderem zur Folge, dass es nun keine Personalreserven mehr gebe, wenn ein plötzlicher Mehrbedarf auftrete, etwa auf Grund von Witterungseinflüssen.

Neue Qualitätsstandards

Der VCD betrachtet Wettbewerb im Nahverkehr jedoch grundsätzlich als Chance. »Bei der Privatisierung des öffentlichen Verkehrs denken viele zuerst an Großbritannien«, sagt Schüler. Das sei tatsächlich ein Negativbeispiel: zwar billig für den Staat, aber teuer und schlecht für die Kunden. Weitaus besser sei die Deregulierung des Verkehrswesens in Schweden umgesetzt worden. Dort sei die Verkehrsversorgung für ganze Regionen komplett ausgeschrieben worden. In Stockholm allerdings, wo U-Bahn, S-Bahn und Buslinien getrennt ausgeschrieben wurden, sei es »gründlich schief gelaufen«. Entscheidend sei, dass die Kommunen und Kreise – wie in Schweden geschehen – Qualitätsstandards festlegten, meint Schüler. Das könnten neben dem Kundenservice durchaus auch soziale oder Umweltkriterien sein. So würde also keineswegs immer der billigste Anbieter zum Zuge kommen. Sollte also der Wettbewerb auch hierzulande Einzug in den ÖPNV halten, dann müssten auch die KVB-Bosse endlich »von ihrem hohen Ross herunter«, glaubt Schüler. Bislang träten diese wie »Könige« auf und seien der Ansicht, was sie für eine Leistung erbringen, sei ihre Sache.