»Logan Lucky«

Steven Soderbergh feiert sein Kino-Comeback gut gelaunt mit einer Gaunerkomödie

 

»Logan Lucky« ist vielleicht kein absolut bahnbrechendes Kino-Ereignis. Dafür aber eine superunterhaltsame, charmante Ganoven-Sause mit schrulligen Typen, wie sie auch in jedem Streifen der Coen-Brüder herumhängen könnten. Steven Soderbergh verlegt die ausgefuchsten Geldraub-Planspiele seiner »Ocean«-Trilogie in das abgerockte Arbeiter-, Dienstleister- und Knastmilieu zwischen North Carolina und West Virginia, die Gegend, der John Denver mit seiner Country-Hymne »Take Me Home« ein Denkmal setzte.

 

Die Hauptfiguren: Zwei liebenswerte, vom Schicksal gebeutelte Hillbilly-Brüder namens Jimmy und Clyde Logan. Jimmy (Channing Tatum) war früher mal der sportliche Mädchenschwarm seiner Schule. Nun humpelt er stoisch pleite durch die Gegend und zankt sich mit der notorisch genervten Ex-Frau (Katie Holmes) und ihrem aufgeblasenen Autohändler-Gatten (David Denman) um seine Tochter. Adam Driver spielt Tatums Bruder Clyde. Er hat im Afghanistan seine Hand verloren. Natürlich nicht im Kriegseinsatz, sondern auf dem Weg zurück zum Flughafen. Diese Art von Pech kennzeichnet den sagenhaften Logan-Fluch, unter dem die Familie laut Clyde schon seit Generationen leidet. Dennoch wollen die Brüder unbedingt ein großes Ding drehen und die Tageseinnahmen eines NASCAR-Rennens klauen. Dafür brauchen sie die Hilfe ihrer praktisch veranlagten Friseurinnen-Schwester Mellie (Riley Keough) und die Sprengstoff-Expertise eines durchgeknallten Sträflings namens Joe Bang, der trotz Krakel-Tätowierungen und seines derbe blondierten Mecki-Schnitts eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem aktuellen James-Bond-Darsteller Daniel Craig aufweist.

 

Die Räuberpistole, die sich Zeit für Figuren, Lokalkolorit und skurrile Kabinettstückchen nimmt, markiert das Comeback von Steven Soderbergh als Kinoregisseur. Wer es vielleicht schon wieder vergessen haben sollte oder im Trubel der weltpolitischen Ereignisse komplett verschwitzt hat: Nach »Side Effects« (2013) war der Macher von »Sex, Lügen und Video« (1989) und »Traffic« (2000) so unzufrieden mit der Situation des Kinos im Allgemeinen und des weltweiten Produktions- und Vertriebssystems im Besonderen, dass er seine Flüstertüte an den Nagel hing. Fortan widmete er sich TV-Projekten wie »The Knick« (2014–15) und »Liberace« (2013) — letzterer lief in Deutschland ironischerweise dann doch noch in den Kinos.

 

Nebenbei verblüffte der erklärte Film-Frührentner mit schrulligen Freizeit-Projekten wie seiner inoffiziellen, schwarzweißen Stummfilmfassung von Steven Spielbergs »Jäger des verlorenen Schatzes«, die er für lau ins Netz stellte. Doch schon zu diesem Zeitpunkt hätte wohl niemand in der Branche seine Luxusvilla samt Chihuahua auf Soderbergs Ruhestand verwettet. Und siehe da; Knapp vier Jahre, nachdem er dem Guardian erklärte: »Filme sind nicht mehr wichtig«, gibt es einen neuen Soderbergh im Kino.

 

Das Drumherum ist ungewöhnlich. »Lucky Logan« gehört  zu der mittlerweile selten gewordenen Gattung des »mittelbescheiden« budgetierten US-Films. Früher waren anspruchsvolle Mid-Budget-Movies ein wichtiges Kerngeschäft Hollywoods. Doch spätestens seit der Jahrtausendwende klafft die Budget-Schere im US-Kino immer steiler auseinander. In diese Lücke stößt jetzt »Lucky Logan« als kleiner, smarter Indie-Streifen ohne gigantische Werbefeldzüge und ohne aufwändige Testvorführungen. Die Herstellungskosten betrugen angeblich unter 30 Millionen Dollar — und das trotz beeindruckender Starbesetzung bis in die kleinste Nebenrolle. Co-Produzent Channing Tatum und Daniel Craig verzichteten wegen der Qualität des Stoffs auf ihre handelsüblichen hohen Gagen. Soderbergs guter Ruf ist doch noch was wert. Oder um es mit einem der Hauptdarsteller aus »Ocean’s 11« zu sagen: »Endlich wieder ein Job mit vernünftigen Kriminellen!

 

Logan Lucky (dto) USA 2017, R: Steven Soderbergh, D: Channing Tatum, Adam Driver, Daniel Craig, 119 Min. Start: 14.9.