Die Buchmacher

Die Kölner Verlage Launenweber und Strzelecki machen mit schönen Büchern von sich reden

Fürs Verlegen von Büchern hat Carmen Strzelecki schon einen Ratgeber veröffentlicht: »How to make art books«, heißt er und beschreibt, was sie lange getan hat: im Kunstbetrieb Bücher über Künstler und mit Künstlern in die Welt bringen. »Ich wollte immer einen Verlag haben«, erzählt sie. 2009 wagte sie den Schritt zum Gewerbeamt. Seitdem sind in ihrem Verlag StrzeleckiBooks unter anderem Bücher von Harun Farocki und zum Kunstprojekt »Liebe deine Stadt« erschienen. Ihr letztes Projekt ist eine kleine Reihe von Ratgebern: schön gestaltet und minimalistisch gesetzt. 

 

Auch Christian Berglar und Salvatore Tufano vom Launenweber Verlag mögen schöne Bücher. »Unsere Bücher sollen durch den Inhalt überzeugen, aber auch als Gegenstand etwas darstellen«, erläutert Berglar. Alle Bücher von Launenweber werden als Hardcover mit Fadenbindung veröffentlicht — von Essays italienischer Autoren bis zum Episodenroman »Bessermann« des Kölner Autors Adrian Kasnitz. 

 

Etwa 60 Verlage gibt es in Köln: Schwergewichte der Branche wie Bastei Lübbe oder Kiepenheuer & Witsch samt ihrer Franchises gehören ebenso dazu wie der auf Lokalbücher spezialisierte Greven-Verlag oder Springturm, dessen Portfolio aus ambitionierter Lyrik besteht. Launenweber ist der Neuzugang im Kölner Verlagsgewerbe. Im Jahr 2015 haben Tufano und Berglar den Verlag gemeinsam gegründet, nachdem sie sich über Berglars Eltern kennengelernt hatten. Salvatore Tufano hat seit seinem 20. Lebensjahr in der Verlagsbranche gearbeitet — vom Tür-zu-Tür-Verkauf bis zum Lektorat. Christian Berglar war in der Agenturbranche tätig und wollte sich beruflich umorientieren. »Wir haben gemerkt, dass wir gemeinsame literarische Interessen haben«, erzählt er. »Christian hat in der italienischen Schweiz studiert und spricht hervorragend Italienisch«, ergänzt Tufano und weist gleich auf einen Schwerpunkt des Verlags hin: italienische Literatur. 

 

Gerade erst ist ein Band mit Essays über die neapolitanische Schriftstellerin Elena Ferrante erschienen, im Herbst veröffentlicht Launenweber einen Gedichtband von Marilina Giaquinta. Sie arbeitet in der sizilianischen Hafenstadt Catania als ranghohe Polizistin und verarbeitet in ihren Gedichten die Begegnungen mit Bootsflüchtlingen in den Aufnahmelagern der Mittelmeerinsel.

 

Das Programm von Launenweber ruht auf mehreren Säulen: Neben italienischer Literatur veröffentlichen die beiden Verleger Essaybände von Radioautoren und -autorinnen, biographische Annäherungen, junge Literatur sowie Wiederveröffentlichungen interessanter Texte in der Reihe »LW Reloaded«. Dort hat der Verlag gerade »Der Geldkomplex« von Franziska Gräfin zu Reventlow veröffentlicht, ein autobiographischer, in Briefform erzählter Roman über die finanzielle Prekarität einer Frau in der Münchener Bohème an der Wende zum 20. Jahrhundert. Eigentlich wollte sie als Malerin reüssieren, bekannt geworden ist sie jedoch durch ihre schriftstellerischen Nebentätigkeiten. »Der Geldkomplex« erzählt von ihrem Aufenthalt in einem Schweizer Sanatorium im Jahr 1915 und ihrer Begegnung mit einem Vertreter der damals jungen Psychoanalyse, der bei ihr die titelgebende psychische Störung diagnostiziert. Salvatore Tufano hatte das Buch vor 40 Jahren in einem italienischen Kleinverlag entdeckt, mittlerweile ist der Text gemeinfrei. Mehr als ein halbes Jahr haben die Launenweber-Verleger an der Neuausgabe des Textes gearbeitet: der alte Text musste sprachlich redigiert werden, hinzu kamen neue Illustrationen und ein Nachwort. »Wir wollen Bücher machen, die als Bücher für sich stehen«, erklärt Salvatore Tufano. »Viele Autoren schreiben heute für eine spätere Verwertung als Film oder im Selbstmarketing. Das interessiert uns nicht.«

 

Carmen Strzelecki, die auch ein Grafikstudio betreibt, hat ebenfalls einen gestalterischen Anspruch an ihre Bücher. Aber genauso wichtig ist, dass man die Veröffentlichung jedes Buchs gemeinsam feiert: »Ein Buch soll ein Resonanzraum sein.« Mitte Juni ist es wieder soweit. Im gerade neu gestalteten Olympia-Clubheim zwischen Nippes und Ehrenfeld stellt der Kölner Autor Wolfgang Frömberg seinen Band »How to play Fußball« vor. Es ist ein A-Z über die schönste Nebensache, voll mit fiktionalen und realen Anekdoten und schlauen Beobachtungen, die den Fußball nicht nur von der Seitenlinie aus betrachten. »Ich bin gespannt, was die hartgesottenen Fußballfans zu diesem Buch sagen. Vielleicht ist es denen zu niedlich.«, meint Carmen Strzelecki, die nach einer Kindheit im Vereinsheim von Waldhof Mannheim heute bekennende Anhängerin des SC Freiburg ist. Für die Zukunft plant sie weitere Bände in der »How to...«-Reihe. »Ich würde gerne mehr essayistische Texte und Interviews veröffentlichen«, sagt sie. »Ich habe im Moment das Gefühl, dass der Selbstzweck von Kunst an eine Grenze gestoßen ist und man wieder über Themen reden kann.«

 

Die beiden Launenweber-Verleger würden dem sicher zustimmen. Sie veröffentlichen im Herbst das Debüt »Down« der amerikanisch-deutschen Autorin Clara Henssen, ein Coming-of-Age-Roman, erzählt von einer jungen Frau, deren Schwester vom Down-Syndrom betroffen ist. Es ist eine seltene Perspektive, denn mittlerweile werden Kinder, bei denen diese Krankheit diagnostiziert wird, meist abgetrieben. »Durch Henssens Buch bemerken wir, was wir dadurch verlieren: die Perspektive von Menschen, die die Welt anders sehen«, sagt Salvatore Tufano. »Das ist, was Kunst leisten kann.« 

 

 

Franziska Gräfin zu Reventlow: »Der Geldkomplex«, Launenweber, 160 Seiten, 20 Euro 

 

Wolfgang Frömberg: »How to play Fußball«, StrzeleckiBooks, 72 Seiten, 7,80 Euro