Depot 1: Das »Ballet of Difference« von Richard Siegal

Von Seelen, Teufeln und Leidenschaften

Das Gastspielprogramm für Tanz an den ­Kölner Städtischen Bühnen bietet in der ­kommenden Spielzeit viel Bemerkenswertes

Durch das Engagement von Intendant Stefan Bachmann, und vor allem von Hanna Koller von Tanz Köln, kommt das Schauspiel dem Ziel näher, sich als Zentrum für zeitgenössischen Tanz zu etablieren. Manche Kompanien fahren mehrere kürzere Stücke auf und lassen die Tänzerschaft funkeln. So kommt das berühmte Nederlands Dans Theater, Abteilung II, mit zeitgenössischem Ballett von so unterschiedlichen Meistern wie Hans van Manen, Marco Goecke und Edward Clug.

Weil es auch Meisterinnen gibt, bündelt das Ballet BC aus Kanada Choreographien von Aszure Barton, Sharon Eyal, Crystal Pite. Pites »Solo Echo« war im Juni 2013 schon in Köln zu sehen. Ein Auftragswerk für das Nederlands Dans Theater I, mit einer Tänzermenge, die an einem einzelnen Menschen zu kleben schien und dabei wogte wie ein unheimlich vergrößertes inneres Echo eines Einsamen.

Von der bereits erwähnten Israelin Sharon Eyal wird außerdem »Soul Chain« zu sehen sein, das sie 2017 für die Tanzkompanie des Staatstheaters Mainz schuf. Hier tönen Echos nicht mehr, sondern klirren: ein Drängen und Ausweichen, Sehnen und Marschieren.

Der Katalane Marcos Morau fährt mit seiner Company La Veronal in »Pasionaria« von 2018 ein ähnliches Thema auf, das aber in Bühnenbild und altmodisch, theatralischen Gags verdämmert.

Dagegen ist das im Juli uraufgeführte »Outwitting the Devil« des Londoners Akram Khan eine Wucht. In der düsteren Welt eines uralten Mythos stellt es die aktuelle Frage nach Gewalt und Schuld. Konsequent reduziert ist hier das Tanzen. Es lässt eine Art Königin der Nachtsonne kreiseln, einen Fischmenschen sich fröhlich tummeln und verbindet eine winzige Community zum Reigen.

Khans belgischer Kollege Sidi Larbi Cherkaoui hat, nach zehn Jahren Vorlauf, mit Colin Dunne, der im irisch-traditionellen Tanz zuhause ist, ein Duo geschaffen. »Session«, mit zwei Musikern und den Tänzern als Musikern, hatte Anfang 2019 Premiere. Und der andere bekannte Belgier Wim
Vandekeybus zeigt, nur kurz nach der Uraufführung in Rom Ende 2019, »Traces«.

Die Saison eröffnet Richard Siegal, der mit seinem Ballet of Difference jetzt mit dem Schauspiel Köln »assoziiert« ist. Sein Stück ist in der neuen Spielzeit mit zehn Terminen in den Spielplan integriert — und tourt sonst international. Dieser nagelneue Abendfüller »New Ocean (the natch’l blues)«, zu Musik des Albums »utp_«, das Alva Noto, Ryuichi Sakamoto und das Ensemble Modern eingespielt haben, macht eine große Ansage. Die choreographische Inspirationsquelle ist Merce Cunningham, der sich 2019 zum hundersten Male jährt.

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