Als Rock die Welt durcheinanderwirbelte, arbeitete Norman Seeff als Arzt in einem Krankenhaus in Soweto, also an einem der politischen Brennpunkte jener Tage. 1968, gerade richtig oder just zu spät, beschloss er nach New York zu ziehen, getrieben allein von künstlerischer Leidenschaft, doch ohne formale Ausbildung. Er schlug sich durch, traf im legendären Club Max Kansas City die noch unbekannten, wild blickenden Patti Smith und Robert Mapplethorpe. Sein Durchbruch aber kam mit dem Cover-Foto jener Gruppe, die wie keine andere dafür stand, dass die stürmischen Jahre der Rockmusik vorbei sind: The Band. Hier gelang es ihm, das visuell enorm fest­gelegte Bild des Quintetts zu er­weitern, eine Landhausdekadenz bereicherte nun das frugale Image.

Mit jenem Sinn für Glam und Dekadenz setzt Norman Seeff fortan die Akteure der Ära der Superstars in Szene. Wie auch Richard Avedon verlegt Seeff die Arbeit ins Studio, sucht dort nach den Sehnsüchten seiner Klienten und nach dem besonderen Mo­ment, ob er nun John Travolta, Jazzmusiker des Blue Note Labels, die Eagles oder den jungen Steve Jobs vor der Kamera hat, der seinen kleinen Rechner gleich einem Schoßtier wiegt. Den Glam Rock fotografierte Seeff weniger, doch die Zungenkuss-Bilder von Marc Bolan und Gloria Jones vermitteln lustvolle Provokation. Die eitle Cher, die aufgekratzte Tina Turner — nahezu ikonographisch setzte er Küns­tle­r*in­nen und ihre Zeit in Szene. Doch seine Meisterwerke gelangen ihm mit einer, die sich selbst vor ihm inszenierte: Joni Mitchell, die just ein neues Bild des weiblichen Stars schuf, fand in Seeff einen Vertrauten.

Wie es klingt, das haben andere besser ins Bild gesetzt, doch Norman Seeff fand mit seinem diagnostischen Blick einen Zugang zum Selbstbild und den Wünschen der Künstler, er zeigt wie und was sie sein können. Dass seine Werke heute nostalgische Gefühle evozieren, berührt einen wunden Punkt in unserer trist und eng gewordenen Gesellschaft. Sie weisen auf eine Individualität, die sich nicht entlang von Klassifizierungen legitimiert, sondern auf jene pfeift.